Haben Psychotherapeuten Melde- oder Schweigepflicht bei Infektionsverdacht oder bestätigter Infektion einer Patientin oder eines Patienten?
Die Meldepflicht richtet sich auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes sowie der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus („2019-nCoV“) (CoronaVMeldeV). Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 1 Absatz 1 CoronaVMeldeV:
„Die Pflicht zur namentlichen Meldung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes wird auf den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in Bezug auf eine Infektion ausgedehnt, die durch das erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretene neuartige Coronavirus („2019-nCoV“) hervorgerufen wird. Dem Gesundheitsamt ist in Abweichung von § 8 Absatz 3 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes die Erkrankung in Bezug auf die in Satz 1 genannte Krankheit auch dann zu melden, wenn der Verdacht bereits gemeldet wurde. Dem Gesundheitsamt ist auch zu melden, wenn sich der Verdacht einer Infektion nach Satz 1 nicht bestätigt.“
Des Weiteren:
§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Infektionsschutzgesetz:
„(1) Zur Meldung sind verpflichtet:
[…]
5. im Falle des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 und Abs. 3 Angehörige eines anderen Heil- oder Pflegeberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung oder Anerkennung erfordert,“
und § 8 Absatz 2 Satz 2 Infektionsschutzgesetz:
„Die Meldepflicht besteht für die in Absatz 1 Nr. 5 bis 7 bezeichneten Personen nur, wenn ein Arzt nicht hinzugezogen wurde. Konkret bedeutet das: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind zur Meldung nur verpflichtet, wenn 1. ein begründeter Verdacht nach den zwingend anzuwendenden Kriterien („Empfehlungen“) des RKI besteht und 2. kein Arzt hinzugezogen wurde.“
Aus Sicht der OPK besteht aufgrund der Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes für Psychotherapeuten keine Pflicht, Patientinnen und Patienten aktiv auf den Verdacht einer COVID-19-Erkrankung hin zu untersuchen. Dies bleibt Ärztinnen und Ärzten überlassen. Gleichwohl ist denkbar, dass im Kontakt mit Patientinnen und Patienten – sei es persönlich oder auch telefonisch – die Sprache auf Beschwerden gerichtet wird oder die Frage nach einer möglichen Erkrankung aufkommt.
Das Robert Koch-Institut als zuständige Behörde hat eine eigene Unterseite mit „Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Meldung von Verdachtsfällen von COVID-19“ (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Empfehlung_Meldung.html) eingerichtet. Dort heißt es:
„Empfehlung
Der Verdacht auf COVID-19 ist begründet, wenn bei Personen mindestens eine der beiden folgenden Konstellationen vorliegt:
Personen mit jeglichen mit COVID-19 vereinbaren Symptomen UND Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19
Auftreten von zwei oder mehr Lungenentzündungen (Pneumonien) in einer medizinischen Einrichtung, einem Pflege- oder Altenheim, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, auch ohne Vorliegen eines Erregernachweises.
Bei diesen Personen sollte eine diagnostische Abklärung erfolgen.“
„Kontakt zu einem bestätigten Fall ist definiert als Vorliegen von mindestens einem der beiden folgenden Kriterien innerhalb der letzten 14 Tage vor Erkrankungsbeginn:
· Versorgung bzw. Pflege einer Person, insbesondere durch medizinisches Personal oder Familienmitglieder
· Aufenthalt am selben Ort (z.B. Klassenzimmer, Arbeitsplatz, Wohnung/Haushalt, erweiterter Familienkreis, Krankenhaus, andere Wohn-Einrichtung, Kaserne oder Ferienlager) wie eine Person, während diese symptomatisch war.“
Die Diagnostik wird von entsprechend qualifizierten Ärzten geleistet.
Berichtet Ihnen ein Patient von Symptomen (https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/fragen-und-antworten/krankheitsverlauf-und-immunitaet.html#faq3758), die durch das neuartige Coronavirus ausgelöst werden und, dass er Kontakt mit einem bestätigten Fall einer SARS-CoV-2-Infektion hatte, sollten Sie im ersten Schritt klären, ob bereits ein Arzt zur Abklärung der Symptomatik hinzugezogen wurde. Ist dies bereits erfolgt, besteht für Sie kein weiterer Handlungsbedarf.
Sollte die ärztliche Abklärung nicht erfolgt sein oder diese abgelehnt werden, besteht aus Sicht der Kammer eine Meldepflicht anhand der dafür vorgesehenen Abläufe (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Empfehlung_Meldung.html).
Falls eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt (https://tools.rki.de/PLZTool/) erfolgen muss, ist dies kein Bruch der Schweigepflicht: Da es sich hierbei um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, steht die Schweigepflicht nicht entgegen. Dem Patienten ist dies gemäß § 8 Absatz 3 Berufsordnung mitzuteilen.