Psychotherapie im Krankenhaus: Hoffnung auf VerbesserungenOPK-Treffen Leitender Psychotherapeuten am 2. März 2016

Mit dem dritten OPK-Treffen leitender PP bzw. KJP wollte der Angestellten-Ausschuss Modelle für die strukturelle Einbindung psychotherapeutischer Arbeit in Krankenhäusern vorstellen und diskutieren.  In Leipzig kamen ca. 30 Kolleginnen und Kollegen zusammen, die teils in formellen Leitungspositionen, teils in informellen Funktionen (z. B. „Psychologensprecher“) arbeiten.

Der Vorsitzende des Angestellten-Ausschusses, Jürgen Golombek, Leitender Psychotherapeut an der Heinrich-Heine-Klinik Potsdam, begrüßte die Teilnehmer und erklärte das Anliegen. Psychologische Psychotherapeuten, die in leitenden Tätigkeiten erfahren sind, sollten anhand ihrer eigenen Positionen an Kliniken beispielhaft zeigen, wie psychotherapeutisch geleitete Organisationsstrukturen gestaltet werden können.

Zunächst informierte Frau Dr. Andrea Keller, Leiterin der Allgemeinen psychotherapeutischen Tagesklinik an der Dresdner Universitätsklinik für Psychosomatik, über Regelungen des 2016 in Kraft getretenen Krankenhausstrukurgesetzes und über aktuelle Entwicklungen zum Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP). Hoffnungsvoll stimmen die „Eckpunkte“, die dazu im Februar 2016 von Bundesgesundheitsminister Gröhe und Gesundheitspolitikern der Koalition veröffentlicht wurden. Danach sollen sich (teil-)stationäre psychiatrische Behandlungen in Psychiatrie und Psychosomatik zukünftig an evidenzbasierten S3-Leitlinien orientieren die als wesentliches Behandlungselement Psychotherapie empfehlen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll dazu verbindliche personelle Mindestanforderungen für die Krankenhäuser festlegen. Dies bietet die Chance, dass in einigen Jahren endlich auch Personalstellen für PP und KJP vorgeschrieben – und diese dann auch angemessen tariflich eingruppiert werden. Kurzfristig wird allerdings die Psych-PV weiter gelten, die nur eine sehr geringe Stellenzahl von „Diplom-Psychologen“ vorsieht.

Wolfgang Ritz, der als Psychologischer Psychotherapeut den Psychologischen Dienst der Sana-Kliniken Sommerfeld leitet, berichtete über Erfahrungen mit dem DRG-System bei der Psychotherapie in der „Organmedizin“. Er betonte, wie notwendig das Engagement in Fachgesellschaften ist, damit qualifizierte Psychotherapie in den Definitionen des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) verankert wird.

Als ein Beispiel für die Arbeit an einer psychiatrischen Klinik stellte Dr. Gregor Peikert, Leitender Psychologischer Psychotherapeut an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena, die dortige Verhaltenstherapiestation vor. Dort werden Patienten mit schweren Zwangs- und Angststörungen systematisch verhaltenstherapeutisch behandelt, erhalten über acht bis zwölf Wochen hinweg wöchentlich zwei Stunden Einzelpsychotherapie, zusätzlich Gruppentherapie und individuelle Cotherapie. Um ein solches Therapieprogramm für alle 16 Patienten einer Station regelmäßig abzusichern, bedarf es eines großen Engagements aller Mitarbeiter, vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Ärzten und den anderen Berufsgruppen, aber auch eines erheblichen organisatorischen Aufwands.

Dies wurde auch im Vortrag von Frau Dr. Silvia Wolff-Stephan deutlich, Leitende Psychologin an der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Dresden.  Gemeinsam mit ihrem Team realisiert sie ein anspruchsvolles, komplexes psychotherapeutisches Behandlungskonzept und erfüllt dazu umfangreiche Verpflichtungen in Lehre und Forschung.

Die vorgestellten Modelle zeigen, dass psychotherapeutische Krankenhausabteilungen effektiv arbeiten können, die Etablierung solcher Strukturen aber viel Ausdauer und Kreativität benötigt.

Frau Dr. Andrea Walter, wissenschaftliche Referentin der OPK, gab anschließend einen Überblick über Indikatoren für die Qualität der stationären psychotherapeutischen Versorgung. Anlässe der Gesetzgebung, sich mit Krankenhausversorgung zu befassen, waren unter anderem die zunehmende Unterfinanzierung von Krankenhäusern bezüglich der Personalkosten, unzureichende Transparenz der Finanzierung an den Häusern und das Fehlen messbarer Qualitätsindikatoren. Dem sollte mit dem reformierten Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik begegnet werden. In der Entwicklung dieses Vorhabens wurde klar, dass Strukturqualität nur über verbindliche Standards bei der Personalbemessung zu sichern ist. Um beispielsweise auf einer Station mit 18 Betten eine leitliniengerechte Behandlung für Patienten mit Depressionen zu realisieren, wäre gegenüber der bisherigen Personalverordnung ca. eine Psychotherapeutenstelle zusätzlich erforderlich. Diese Forderung erscheint politisch und wirtschaftlich realisierbar.

Nach den Vorträgen diskutierten Teilnehmer und Referenten über Probleme der täglichen Arbeit in den Kliniken. Unbefriedigend ist noch immer die Darstellung der psychotherapeutischen Heilberufe in den Kliniken. Zwischen Psychotherapeuten und „Psychologen“ wird oft noch immer nicht unterschieden. Angestellte PP und KJP haben das Recht, ihre Berufsbezeichnung zu führen, auch wenn sie nach formalen Stellenplänen als „Psychologen“ eingeordnet und nur so vergütet werden.

Rückmeldungen ergaben, dass Psychologen ohne psychotherapeutische Qualifikation offenbar noch an vielen Orten diagnostische und therapeutische Aufgaben ohne ausreichende Supervision übernehmen müssen. Kliniksträger müssen dafür sensibilisiert werden, dass die Ausübung von Psychotherapie die Approbation bzw. klare Regeln für Aufsicht und Anleitung erfordert.

Wegen fehlender tariflicher Regelungen ist es immer wieder schwierig, approbierte PP und KJP für die Arbeit an Kliniken zu gewinnen und sie dort zu halten. Um ihnen Perspektiven zu bieten, können öffentliche Arbeitgeber z. B. Regelung des § 16 Abs. 5 TV-L nutzen. Danach kann „qualifizierten Fachkräften“ eine etwas höhere Entlohnung gewährt werden als „Diplom-Psychologen“.

Zum 2. Tag der Angestellten am 28.09.2016 unter dem Titel „Angestellter oder Psychotherapeut – Der freie Beruf und die Zwänge der Institution“, werden alle angestellten Kammermitglieder eingeladen. Dort soll in breiterem Kreis diskutiert werden, wie die psychotherapeutische Arbeit an Kliniken weiter verbessert werden kann.

Allgemeine Zustimmung erhielt der Vorschlag, eine Resolution für die nächste OPK-Kammerversammlung im April vorzubereiten. Die Gesetzgeber in Bund und Ländern sollen auf die Problematik hingewiesen und aufgefordert werden, die Strukturqualität der psychotherapeutischen Versorgung durch verpflichtende Mindeststandards bei der Personalbemessung an Kliniken zu verbessern.

» Hier die Präsentation von Frau Dr. Andrea Keller, Frau Dr. Sabine Gollek sowie Herrn Wolfgang Ritz zum Krankenhausstrukturgesetz und dessen Auswirkungen für Sie zum Herunterladen

KHSG-OPK 2016

» Die Präsentation von Frau Dr. Andrea Walter zur Qualität in der stationären psychotherapeutischen Versorgung.

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Dr. Gregor Peikert
Vorstandsmitglied im Ausschuss für die besonderen Belange der angestellten Psychotherapeuten