Zukunft gemeinsam gestalten:„Unser Anliegen ist es, dass die nächsten fünf Jahre solide geplant sind.“

Frage: Die Kammerversammlung hat am 11. November mit großer Mehrheit eine Änderung der Beitragsordnung beschlossen. De facto wird damit der Regelbeitrag ab dem 01. Januar 2017 von 450 Euro auf 530 Euro jährlich angehoben. Der Vorstand, der Geschäftsführer sowie der Finanzausschuss sahen diesen Schritt für die finanzielle Gesunderhaltung der Kammer als unabwendbare Notwendigkeit. Können Sie dies, Herr Dr. Metge, aus Ihrer Sicht als Geschäftsführer der Kammer und Sie Frau Gröber als Vorsitzende des Finanzausschusses präzisieren?

Angela Gröber: Die Erhöhung des Regelbeitrages ist schon länger in der Diskussion. Wir hatten in den letzten Jahren negative Haushaltsabschlüsse. Vor zehn Jahren hatten wir einen Regelbeitrag beschlossen, der uns in den Anfangsjahren zu einem finanziellen Polster verholfen hat. Der damalige OPK-Finanzausschuss hatte aus den Fehlern anderer Kammergründungen, die bereits nach deren ersten Geschäftsjahr die Beiträge erhöhen mussten, gelernt. Die sich ergebenden Rücklagen der OPK hatten dann im Jahr 2013 den Rechnungshof zu der Empfehlung veranlasst, dass die Kammer erst einmal ihre Rücklagen aufbrauchen möge. Und jetzt sind wir an dem Punkt gekommen, dass negative Jahresabschlüsse unsere Rücklagen deutlich vermindert haben. Diese jetzige Beitragsanpassung wird notwendig, damit die Kammer die Arbeit, den Service, die sie bisher aufgebaut hat, den Mitgliedern auch in der Zukunft anbieten kann.

Dr. Jens Metge: Service ist ein gutes Stichwort: Der Diskussionsprozess um die Beitragsanpassung war in der Führungsebene der OPK sehr intensiv und ausgiebig, um einen fundierten Überblick zur Gesamtsituation zu erhalten. Uns hat die Frage getragen, was die Kammer in Zukunft für die Mitglieder leisten kann und muss. Unsere Intention ist es nicht, Mitglieder bloß zu verwalten, sondern vor allem die Zukunft für den Berufsstand aktiv zu gestalten und unsere Geschicke selbstbewusst zu lenken. Diesem Zukunftsblick folgten erste Berechnungen, in welcher Größenordnung sich der Regelbeitrag entwickeln müsste. Die Kalkulationen ergaben ein Intervall von 525 bis 550 Euro als Grundlage. Darin glichen sich alle unsere Berechnungen. Um diese Beitragsanpassung mit einer echten finanziellen Entlastung von Geringverdienern, Mitgliedern in Elternzeit, Langzeitarbeitslosen und -kranken sowie Rentnern zu verbinden, ist dann eine generelle Einigung auf 530 Euro geschehen, die für die einzelnen Sonderklassen besonders heruntergestaffelt ist. Die genannten Mitgliedsgruppen werden in Zukunft finanziell weniger zu leisten haben für die OPK.

Frage: Wie wurde bei der Beitragserhöhung der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit berücksichtigt?

Dr. Metge: Die gerechte Gestaltung der Beitragsanpassung war allen Beteiligten besonders wichtig. Vielleicht darf ich dazu ein kleines Beispiel nennen: eine junge Mutter, die sich in ihrer Elternzeit befindet und somit nicht im üblichen Maße ihrem Beruf als Psychotherapeutin nachgeht und verdient. Als Kammer setzen wir ganz bewusst auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So besteht auch der Kern unseres Anliegens darin, Geringverdienende auch in absoluten Zahlen zu entlasten. Insgesamt entlasten wir so 15 Prozent unserer Mitglieder, die einkommens- und umständebedingt in einer besonderen Lage sind. Das alles gilt ab dem 01. Januar 2017.

Gröber: Es sollte zu keiner Überforderung der Geringverdienenden kommen, aber eine angemessene Beteiligung an der Steigerung der Einkommensmöglichkeiten der Niedergelassenen und der Angestellten erfolgen.

 

Beitragsklasse (BK)Sonderklasse (SK) Beitrag bisher Beitrag neu
BK 1 450,00Euro 530,00Euro
BK 2 360,00 Euro 80 % des Regelbeitrages 424,00 Euro 80 % des Regelbeitrages
BK 3 315,00 Euro 70 % des Regelbeitrages 371,00 Euro 70 % des Regelbeitrages
BK 4 180,00 Euro 40 % des Regelbeitrages 159,00 Euro 30 % des Regelbeitrages
SK 1 225,00 Euro 50 % des Regelbeitrages 265,00 Euro 50 % des Regelbeitrages
SK 2 180,00 Euro 40 % des Regelbeitrages 159,00 Euro 30 % des Regelbeitrages
SK 3 67,50 Euro 15 % des Regelbeitrages 53,00 Euro 10 % des Regelbeitrages

 

Frage: 10 Jahre konnte der Regelbeitrag stabil gehalten werden. Welche Rahmenbedingungen haben sich so verändert, dass dieser Schritt notwendig wurde?

Gröber: Den entscheidenden Rahmen bildet die bundesdeutsche Gesundheitspolitik. Allein zum Versorgungsstärkungsgesetz sind unzählige Gespräche und Expertisen unserer Kammer notwendig gewesen. Denken Sie an die Einführung der Psychotherapeutischen Sprechstunde und an die vielen Wendungen, die es dazu allein in den letzten Wochen immer wieder gegeben hat. Immer wieder hat die OPK dazu insistiert, Gespräche auf allen Ebenen mit Akteuren der Gesundheitspolitik geführt, Briefe an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben, die Mitglieder zu ihrem Meinungsbekenntnis aufgefordert und hat deren Stimme kanalisiert. Der Vorstand hat viel Aufmerksamkeit in die Themen der angestellten Kammermitglieder investiert. Da liegt noch viel Arbeit für eine angemessene Vergütung und gute Stellen in den Krankenhäusern und Kliniken vor uns. Dann bewegt uns die Ausbildungsreform, zu der viele Gespräche mit den Ministerien, mit Experten zu führen sind, die auf die Änderung des Psychotherapeutengesetzes abzielt. Auch die Implementierung unser PP- und KJP-Heilberufe in die Vergütungs- u. Tarifstruktur der stationären Versorgung ist ein Dauerthema. Diese drei Säulen der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen haben es nötig gemacht, mehr Arbeit, mehr Zeit aufzuwenden, die zwangsläufig auch ein Mehr an Entschädigungsleistungen für den Praxisausfall Derjenigen nach sich zogen, die diese Berufspolitik engagiert tragen.

Dr. Metge: Es gibt ebenso interne Einflüsse, die uns immer wieder dazu bewegen, die finanzielle Basis der Kammer und deren Leistungsfähigkeit auf den Prüfstand zu stellen. Wir verstehen uns primär als Dienstleister fürs Mitglied. Bei gegenwärtig 4.200 Mitgliedern wachsen die Ansprüche und ebenso die Komplexität. Mit diesem Anspruchsdenken möchten wir Schritt halten. Unsere Kammerarbeit wird maßgeblich vom Ehrenamt getragen. Insgesamt hat die Kammer 125 Ehrenämter mit klugen Köpfen zu besetzen. Mit vielen kostenfreien Informationsveranstaltungen sind wir zudem in den Bundesländern präsent: zum Beispiel zum Angestelltentag, zu den Berufsrechtsveranstaltungen, zur Notfallpsychotherapie. Der Vorstand bietet wöchentlich eine Vorstandssprechstunde von 120 Minuten an, um das Gespräch mit und für die Mitglieder zu ermöglichen. Verbunden mit der Sprechzeit unserer Geschäftsstelle stehen wir allein damit unseren Mitgliedern 21 Stunden in der Woche direkt zur Verfügung. Wir sind stets um einen nahen Kontakt zu unserer Mitgliedschaft bemüht. Es ist mir wichtig auch das Internetangebot der Kammer zu erwähnen, das in den letzten Monaten eine umfassende Überarbeitung erfahren hat und nun aktuell und präzise auf den Informationsbedarf unserer Mitglieder zugeschnitten ist. Mit dem Onlinemagazin und dem Newsletter können wir in Echtzeit auf neue Entwicklungen reagieren, informieren und die Mitgliedschaft um für uns wichtige Informationen von der Basis bitten.

Zur politischen Ebene möchte ich ergänzen, dass wir in den vergangenen vier Jahren über 425 Termine wahrgenommen haben. Wir haben allein 200 Fachgespräche zum Beispiel zum Versorgungsstärkungsgesetz, zur Psychotherapie-Richtlinie oder für die Arbeit unserer stationär tätigen Mitglieder geführt. Wir waren in mehr als 25 Gesetzgebungsverfahren direkt involviert, haben zahlreiche Stellungnahmen verfasst und Anhörungen als Sachverständige begleitet. Das zeigt unsere Präsenz als Fünfländerkammer.

Gröber: Für die zeitaufwendige berufspolitische Arbeit unserer Kammerversammlungsmitglieder haben wir die Entschädigungsordnung der OPK schon 2012 ohne Beitragserhöhung den Erfordernissen angepasst. Das Ehrenamt darf etwas wert sein. Die engagierten Kolleginnen und Kollegen im Vorstand und in den Ausschüssen sollen ihren Einsatz, der mit Praxis- u. Verdienstausfall verbunden ist, auch angemessen entschädigt bekommen. Deshalb gibt es den Seitenblick zur seit 2007 deutlich höheren Vergütung im ambulanten Bereich.

Dr. Metge: Das Ehrenamt kann nicht umsonst sein. Der Schritt, dass Ehrenamt angemessen zu entschädigen, sichert auch deren Qualität und Güte. Alles andere wäre zu kurz gedacht und liefe an der Realität vorbei. Kollegen arbeiten sich in Themen ein, müssen juristische wie gesundheitspolitische Erwägungen aller Seiten bedenken und verstehen. Sie betreiben Kontaktpflege in die Politik und sind über Bundesländergrenzen hinweg zu zahlreichen Terminen unterwegs. Und dies alles tun sie neben Ihrer wertvollen Tätigkeit als Psychotherapeuten. Wenn wir junge Kolleginnen und Kollegen für die Berufspolitik begeistern wollen, dann müssen wir den Wert des Ehrenamtes klar herausstellen. Das sollte es uns wert sein.

Frage: Sie sprachen es bereits an: Die Aufgabenbereiche der Kammer werden größer, die Mitgliederzahl steigt, die OPK-Mitglieder sind in vielen Gesundheitsbereichen zu finden mit sehr verschiedenen Interessenlagen, kein homogenes Ganzes. Jede Gruppe möchte sich in ihrer Interessenvertretung durch die OPK wiederfinden. Und diese Interessen müssen in fünf Bundesländern erkämpft werden. Welchen Spagat hat dies für die Kammerführung unter den gegenwärtigen finanziellen Gegebenheiten bisher bedeutet?

Gröber: Der zeitliche wie organisatorische Aufwand der Vorstandskollegen war enorm. Wir schätzen es sehr, einen ehrenamtlich tätigen Vorstand zu haben, d. h. Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis; aus dieser fachlichen wie auch der finanziellen Sicht hat ein hauptamtlicher Vorstand keinen Vorteil. Die Vorstandstätigkeit hat sich intensiviert. Die zur Gründung der Kammer kalkulierte Zeit für die Vorstandstätigkeit betrug ein bis zwei Praxistage in der Woche. Durch die in der Realität gelebte Arbeit ist diese Berechnung heute absolut unhaltbar. Einzig und allein durch großes, persönliches Engagement ist dieser Spagat geschafft worden, immer präsent zu sein. Diese Intensität und Qualität wird auch in Zukunft durch die Beitragsanpassung finanziell gesichert.

Dr. Metge: Mit 108.000 Quadratkilometern sind wir flächenmäßig die größte deutsche Landesheilberufskammer. Wir sichern die Freiberuflichkeit und die Unabhängigkeit der Behandlung. Es ist unser größtes Anliegen, dass es unseren Mitgliedern gut geht und sie so ihre Arbeit bestmöglich ausüben können. Deshalb leisten wir die Vorarbeit zur Erschließung neuer Arbeitsfelder, zur Schaffung guter Rahmenbedingungen und wir sichten auch die dazugehörigen Probleme, um sie aus dem Weg zu räumen.

Frage: Gab es Vorhaben, die auf Grund wirtschaftlicher Zwänge nicht oder nur in geringem Umfang umgesetzt werden konnten?

Dr. Metge: In der Vergangenheit haben wir versucht, alle wichtigen Themen umzusetzen. Dabei mussten wir Prioritäten setzen. Ich glaube, wir hätten gern den Nachwuchs noch stärker gefördert. Das haben wir uns für 2017 auf die Fahne geschrieben. Dieser wichtige Beruf und dessen Ausbildung sind so stark im Wandel, dass wir nicht aufhören sollten, unsere neuen Kollegen abzuholen und gemeinsam den Wandel zu gestalten. Sie sind die Zukunft und wir möchten sie für die Berufspolitik begeistern.

Gröber: In den letzten Jahren stand der Ostdeutsche Psychotherapeutentag (OPT) immer wieder im Fokus finanzieller Abwägungen. Nachdem wir uns die Rechnungen zu den beiden gelaufenen OPTs angeschaut hatten, gab es in der Kammerversammlung die Entscheidung, den OPT alle drei Jahre statt im Zweijahresturnus stattfinden zu lassen. Diese Entscheidung ist aus reinen finanziellen Erwägungen getroffen worden.

Dr. Metge: Der Ostdeutsche Psychotherapeutentag ist ein ganz wichtiges Instrument und Element der Kammerarbeit. Mit ihm bauen wir die Brücke zwischen der Wissenschaft und Praxis sowie den Kollegen aus den verschiedenen Länderkammern. Wir bringen alle zusammen. So werden wir aber auch öffentlich sichtbar. Wir laden interessierte Bürgerinnen und Bürger zu Vorträgen mit psychotherapeutischen Themen ein und lassen in den Medien breit darüber berichten.

Frage: Wie hat sich die Mitgliedschaft in den 10 Jahren entwickelt?

Gröber: Innerhalb der zehn Jahre hat sich die Mitgliederzahl mehr als verdoppelt. Der Anteil der Niedergelassenen ist relativ stabil bei Zweidrittel der Mitglieder. Nach der Reform der Bedarfsplanung sind noch einige Praxen im kassenärztlichen Versorgungssystem hinzugekommen. Fehlten den neuapprobierten Kollegen die Zulassungsmöglichkeiten, sind diese zum Beispiel in Privatpraxen gegangen. Deren Anteil im OPK-Gebiet ist aber mit knapp 200 Praxen gering. In jüngster Zeit haben wir es immer mehr mit Mischformen beruflicher Tätigkeit zu tun. Es wird teilweise angestellt oder mit einem halben Praxissitz niedergelassen gearbeitet. Auch der Angestelltenbereich wird sich wandeln. Es gibt Anstellungen in Praxen, in den MVZs und klassisch die Anstellung in den Kliniken und Beratungsstellen und natürlich unsere angestellten Kollegen an den Hochschulen.

Dr. Metge: Die Kammer ist 2007 mit 1.800 Mitgliedern gestartet. Heute sind wir eine 4.200 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten starke Kammer. Ich gebe Frau Gröber Recht, dass einer der Trends die Mehrfachbeschäftigung ist. Dazu werden sich für unsere Mitglieder in bestehenden Institutionen, wie Kliniken, möglicherweise weitere Arbeitsfelder eröffnen. Dies könnte sich dann vielerorts fortsetzen. Es ist sehr spannend mitzuerleben, wohin sich der Beruf des Psychotherapeuten entwickeln wird. Aber eines ist klar: Die Psychotherapeutin und der Psychotherapeut werden in unserer Gesellschaft als Versorger, als Behandler und Wegweiser immer wichtiger.

 

mg-entwicklung16

 

 

mgs-pro-bundesland16
Mitglieder pro Bundesland aufgeschlüsselt

angestellt_niedergel16

berufsausuebung16

Frage: Könnten Sie am Beispiel folgender Gesetzgebungsverfahren (PsychKG, Maßregelvollzug und der Krankenhausgesetze) kurz skizzieren, welche begleitende politische Arbeit in fünf Bundesländern notwendig ist und war!

Dr. Metge: Wir hören in der Regel frühzeitig von einem Gesetzgebungsverfahren oder von einem Referentenentwurf. Und es gilt die Regel: Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz. Das zeigt, dass wir ständig am Ball bleiben und Nachbesserungen ins Gespräch bringen müssen. Aus unserer Mitgliedschaft ist der Input zur praktischen Umsetzbarkeit, ihre Hinweise besonders wichtig. So haben wir einen guten Rundumblick auf die politische Seite und die Weitsicht auf die praktische Zweckmäßigkeit durch unsere Mitglieder.

In den letzten Jahren wurden oder werden beispielsweise die Gesetze zur Unterbringung von psychisch Kranken (PsychKG) auf Grund einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts in allen fünf Bundesländern novelliert. Daraus ergibt sich nicht nur die Notwendigkeit zu fachlich fundierten Stellungnahmen. Wir nutzen auch die Möglichkeit, Psychotherapeuten in den Gesetzen zu verankern, wie es ihrer Qualifikation entspricht. So haben wir uns dafür eingesetzt, dass diese die sozialpsychiatrischen Dienste leiten können. Gleiches gilt auch für die anstehenden Novellierungen der Landeskrankenhausgesetze oder die Umsetzung von Regelungen zur Qualifikation von Sachverständigen.
Sich in diese komplexen politischen Prozesse erfolgreich einzubringen, erfordert aber nicht ausschließlich Schreibtischarbeit und das Verfassen von Stellungnahmen. Vielmehr ist es auch nötig, sich in zahlreichen Gesprächen mit politischen und gesellschaftlichen Akteuren zu positionieren und gemeinsam abzustimmen. Wir müssen uns und unserer Position dabei an vielen Stellen Gehör verschaffen. Besonders wichtig ist es auch, nachhaltig und langfristig als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen. Dies betrifft die verschiedenen Ministerien, Verbände der Krankenkassen und Krankenhäuser, verschiedene Fachgesellschaften, aber auch parlamentarische Kontakte. Und das in allen fünf Bundesländern.

Von diesen Entscheidungsprozessen muss man wissen, dass in der politischen Konsensfindung nie eine Interessenpartei ihr Anliegen vollständig durchsetzen wird. Es geht um Kompromisse. Und so werden wir oftmals auch nur zu einem Teil gehört und finden partiell Eingang in Gesetzesverfahren. Es dreht sich alles darum, im Gespräch zu bleiben, Kontakte zu pflegen, unsere Expertise immer und immer wieder einzubringen und zum rechten Zeitpunkt zur Stelle zu sein. Hier kommt der Marathonläufer sicher weiter als der 100-Meter-Sprinter.

Frage: Ein weiteres Beispiel: „OPK vor Ort“ 2016 hatte die Änderung der Psychotherapie-Richtlinie als Schwerpunktthema zur umfassenden Information der Mitgliedschaft. Was kostet die Kammer allein eine solche Veranstaltung und wie viele Mitglieder hat die Kammer damit erreicht?

Dr. Metge: 2016 ist ein starkes, berufspolitisch forderndes Jahr. Das gilt für den ambulanten wie für den stationären Bereich. Mit „OPK vor Ort“ in allen Bundesländern haben wir mit den Themen an die 1.000 unserer Mitglieder erreicht. Das ist ein Viertel unserer Mitgliedschaft. Als sachlicher Rechner, der ich nun als Geschäftsführer sein muss, weiß ich natürlich um den Preis für „OPK vor Ort 2016“, der bei etwa 25.000 Euro liegt. Wir haben aus den Diskussionen mit den vielen Mitgliedern und externen Referenten darüber, was die Änderung der Richtlinie in der alltäglichen Praxis bedeutet und wie wir uns weiter fachlich einbringen können, einen sehr wertvollen Input erhalten. Dafür danken wir ihnen. „OPK vor Ort“ ist ein gutes Beispiel für die finanziellen Größenordnungen im Kammerleben.

Gröber: Ein Viertel unserer Mitglieder zu erreichen, ist ein sehr hoher Anteil. Ich kenne diese Bemühungen um Teilnehmer aus dem Berufsverband. Wenn man fünf bis zehn Prozent der Verbandsmitglieder erreicht, dann ist das normalerweise schon viel. Ich denke, dass die OPK eine hohe Attraktivität für ihre Mitglieder hat.

Dr. Metge: „OPK vor Ort“ ist wie gesagt nur eine von vielen gezielten Maßnahmen. So breit unsere Mitglieder in ihren Arbeitsbereichen und in ihren Institutionen verankert sind, so breit ist auch der Anspruch an uns als Kammer, vielschichtige Informationen aus der Berufspolitik aufzubereiten und zu vermitteln.

Frage: Daneben gibt es Themen, die die Kammer für ihre Mitglieder in ganz neuen Formaten aufbereitet und präzise informiert, wie zum Beispiel der Angestelltentag, die Berufsrechtsveranstaltungen in allen Bundesländern oder die Treffen der Vertreter der Hochschulen. Haben auch diese Aspekte Einfluss auf die Beitragsanpassung?

Gröber: Sicher. Das gehört klar zum Service für die Mitglieder. Wenn die Interessenlagen immer differenzierter werden, muss die Kammer am Ball bleiben und informieren. Das will der Vorstand leisten, das ist sein Anspruch.

Dr. Metge: Da schließt sich der Kreis zum eingangs Geäußerten. Nicht starres Verwalten, sondern aktives Gestalten ist unsere Devise. Mit diesen Veranstaltungen gehen wir in die Diskussion mit unseren Leistungserbringern vor Ort, holen uns auch die Arbeitsaufträge von ihnen und erläutern zugleich die aktuellen Änderungen. Austausch auf allen Ebenen ist wichtig, stärkt das Vertrauen. Natürlich kosten diese Veranstaltungen. Das darf es und das soll es weiterhin dürfen.

Frage: Die Arbeit der Kammer muss unabhängig von finanziellen Zwängen sein. Wo und in welchen Bereichen sehen Sie zukünftig die Aufgaben der Kammer?

Gröber: Wie sagte Herr Dr. Metge vorhin: Nach der Gesetzgebung ist vor der Gesetzgebung. So verhält es sich wohl auch mit den Reformen, die jetzt laufen. Die Kontakte, die sich aus den unzähligen Gesprächen in Ministerien, bei Kassen, Krankenhäusern, Fachgesellschaften, mit Landtagsabgeordneten ergeben haben, müssen gepflegt werden. Die Auswirkungen eines Gesetzes oder einer Reform begleiten wir kritisch. Mit denselben Playern, mit denen man das Gesetz auf den Weg gebracht hat, erarbeitet man wieder Korrekturen, Ergänzungen.

Dr. Metge: Dem kann ich beipflichten. Das Arbeitsfeld der Psychotherapeuten ändert sich zunehmend. Auch die von ihnen behandelten Patienten ändern sich. Unsere Betätigungsfelder werden damit weitaus breiter und tiefer. Gleichzeitig steigt auch die Notwendigkeit sich mit anderen Berufsgruppen abzustimmen und zusammenzuarbeiten. Auch wird der Psychotherapie eine immer bedeutsamere Rolle bei der Behandlung somatischer Erkrankungen zugesprochen. Das ist letzten Endes der guten Arbeit der Psychotherapeuten selbst zu verdanken. Und die Strukturen, in denen wir arbeiten und unser Nachwuchs ausgebildet wird, ändern sich. Wir müssen also alle diese Themen mitgestalten und werden immer stärker gefragt sein, unseren Blickwinkel einzubringen. Das ist gut und wichtig. Denn es geht darum, für eine hochwertige Versorgung die Rahmenbedingungen zu sichern. Gleichzeitig wird es auch Aufgaben geben, die wir heute noch gar nicht vorhersehen können. Auch für solche müssen wir gewappnet sein. Da brauchen wir einen adäquaten finanziellen Spielraum.

Frage: Ist abzusehen, dass diese Beitragsanpassung ebenso für einen längeren Zeitraum die Stabilität der Kammerarbeit sichert?

Gröber: Dies war der Ansatz des Finanzausschusses in seiner Empfehlung an den Vorstand. Unsere Vorstellung ist, dass die nächsten fünf Jahre solide geplant sind. Wir möchten nicht in jedem Jahr scheibchenweise immer wieder diese Diskussion, die uns von anderen wichtigen Themen abhält, aufmachen müssen. Natürlich können wir nicht in die Zukunft schauen, was uns berufspolitisch an Aufgabenstellungen noch treffen wird. Aber wenn wir in gleicher Intensität weiterarbeiten möchten und uns einbringen, dann sollten bei der zu erwartenden Mitgliederzahl-Steigerung durchaus mindestens fünf Jahre, schön wären natürlich die nächsten zehn Jahre, gesichert sein.

Dr. Metge: Ich möchte noch einmal betonen, dass diese Beitragsanpassung unabwendbar ist, um die Arbeit der Kammer zu sichern. Wir haben im Vorstand, im Finanzausschuss genaueste Berechnungen angestellt, wie wir dies gestalten, um unsere Mitglieder nicht auf das Äußerste zu belasten. Mit einem Regelbeitrag von 530 Euro ist das Thema Beitragserhöhung für die nächsten Jahre vom Tisch und wir können unabhängig von finanziellen Zwängen Berufspolitik gestalten. Die einzige Unwägbarkeit, die erneut finanzielle Berechnungen notwendig machen könnte, wäre, wenn die OPK die Weiterbildung zu organisieren hätte. Wir haben es geschafft, trotz beträchtlicher Kostensteigerungen den Regelbeitrag zehn Jahre stabil zu halten. Wer hätte das im Jahr 2007 gedacht? Mit dieser Beitragsanpassung können wir jetzt wieder nach vorn schauen, ohne vorrangig immer wieder finanzielle Grenzen mitzudenken. So können wir unsere Projekte auch in Zukunft im bewährten Maße umsetzen.