Das deutsche Gesundheitssystem versorgt psychisch kranke Flüchtlinge sehr unzureichend. Rund 40 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland leiden aufgrund extrem belastender Erlebnisse in ihren Heimatländern und auf der Flucht unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Von den rund 200.000 Menschen, die 2014 in Deutschland Asyl suchten, benötigen deshalb rund 80.000 eine Behandlung. Von ihnen erhalten jedoch tatsächlich nur circa fünf Prozent eine Psychotherapie. Und das, obwohl Psychotherapie für PTBS nach Leitlinien die empfohlene Behandlungsmethode ist.
Flüchtlinge können die Angebote des deutschen Gesundheitssystems nur sehr eingeschränkt nutzen. Für psychisch kranke Flüchtlinge hat daran auch die Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes, die seit 1. März 2015 in Kraft ist, kaum etwas geändert. Die Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen übernehmen im Wesentlichen die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. Sie führen rund 3.600 Psychotherapien pro Jahr durch. Die Zentren finanzieren sich jedoch bisher nicht über die gesetzliche Krankenversicherung, sondern über andere, häufig befristete öffentliche Mittel. Auch scheitern Therapieangebote oft an der Sprach- und Kulturbarriere. Das Hinzuziehen von Dolmetschern zur Therapie ist deshalb häufig unverzichtbar, um eine notwendige Behandlung zu gewährleisten.
Niedergelassene Psychotherapeuten können nur begrenzt zur Versorgung von psychisch kranken Asylsuchenden beitragen. Bei ihnen bestehen Wartezeiten auf ein erstes Gespräch von durchschnittlich drei Monaten. Außerdem finanziert die gesetzliche Krankenversicherung keine Dolmetscher, ohne die eine Psychotherapie bei Flüchtlingen meist nicht möglich ist.
Die OPK führte aus diesem Grund Gespräche sowohl mit der Staatsministerin für Integration Frau Petra Köpping in Sachsen, als auch mit der Referatsleiterin Psychiatrie Frau Eva-Maria Weppler-Rommelfanger in Thüringen. In den Gesprächen wurden sowohl die Themen Finanzierung von Dolmetscherleistungen als auch schnelle Lösungen für die von der Verzögerung der Freigabe des EU-Flüchtlingsfonds betroffenen psychosozialen Zentren für die Versorgung von Flüchtlingen besprochen. Beide Ministerien signalisierten, dass sie die Meinung der OPK zur Brisanz der Thematik und der Notwendigkeit zu schnellen und unbürokratischen Lösungen teilten. In Sachsen ist man dabei, einen Dolmetscherdienst aufzubauen. Die fachliche Expertise des psychosozialen Zentrums Caktus e.V. aus Leipzig unter Leitung einer approbierten Psychotherapeutin, das sich bereits viele Jahre für die Schulung von Dolmetschern zum Einsatz in medizinischen Gebieten engagiert, wurde dabei eingeholt und eine mögliche Zwischenfinanzierung des Zentrums besprochen.
Dr. Andrea Walter
Wissenschaftliche Referentin der OPK
Lesen Sie hier den Versorgungsbericht zur Situation von Flüchtlingen und Folteropfern in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Traumatisiert.-Ausgegrenzt.-Unterversorgt.-Versorgungsbericht-zur-Situation-in-Ostdeutschland