Als gravierende Einschränkung bleibt allerdings: Die Beihilfe bezahlt weiterhin keine psychotherapeutischen Sprechstunden. Außerdem dürfen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) aller anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nur noch unter 18-Jährige behandeln.
„Diese willkürlichen Einschränkungen sind nicht nachzuvollziehen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die psychotherapeutische Sprechstunde gehört seit 2017 zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verfügen berufsrechtlich über die Erlaubnis, Heranwachsende bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu behandeln.“ Die BPtK fordert deshalb vom Bundesinnenministerium (BMI), welches die Bundesbeihilfe-Verordnung erlassen hat, diese fachlich und juristisch nicht haltbaren Regelungen zu korrigieren.
Das BMI hatte mit der geänderten Bundesbeihilfe-Verordnung die sozialrechtliche Anerkennung der Systemischen Therapie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nachvollzogen. Die Systemische Therapie ist damit als Einzeltherapie, im Mehrpersonensetting und als Gruppentherapie im Regelfall mit bis zu 36 Sitzungen beihilfefähig. Eine Behandlung kann um weitere 12 Sitzungen verlängert werden.
Die psychotherapeutische Sprechstunde wurde dagegen auch in die neue Bundesbeihilfeverordnung nicht aufgenommen. Für Diagnostik und Indikationsstellung bleibt es bei den alten Regelungen zu den probatorischen Sitzungen. Danach sind grundsätzlich bis zu fünf probatorische Sitzungen, im Falle der analytischen Psychotherapie bis zu acht Sitzungen, erlaubt. Probatorische Sitzungen werden dabei weiterhin über Analogbewertungen unter Verwendung der entsprechenden Ziffern für das Psychotherapieverfahren als Einzelbehandlung abgerechnet. Zusätzliche Kontingente der psychotherapeutischen Sprechstunde und der probatorischen Sitzungen, wie sie in der Psychotherapie-Richtlinie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen und Menschen mit geistiger Behinderung vorgesehen sind, wurden damit nicht umgesetzt. Der Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte bleibt damit deutlich hinter dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung zurück.
Neu geregelt wurde die Akutbehandlung. Künftig können auch Beihilfeberechtigte bis zu 24 Therapieeinheiten von mindestens 25 Minuten als Akutbehandlung erhalten. Hierbei bedarf es vorab keiner Genehmigung durch den Kostenträger. Die Akutbehandlung ist bis zu einer Höhe von 51 Euro beihilfefähig. Personen unter 21 Jahren und Menschen mit geistiger Behinderung können für einen stärkeren Einbezug von Bezugspersonen insgesamt 30 Therapieeinheiten erhalten.
Schließlich wurde auch für die Kurzzeittherapie eine Ausnahme vom Genehmigungsverfahren eingeführt. Die Kurzzeittherapie als Einzel- oder Gruppentherapie von bis zu 24 Behandlungsstunden bedarf nicht mehr vorab der Genehmigung durch die Beihilfe. Vor Behandlungsbeginn ist wie bisher eine somatische Abklärung zu veranlassen.
Hochproblematisch ist dagegen, dass KJP nur noch Heranwachsende bis 18 Jahre behandeln dürfen. Dies widerspricht deren berufsrechtlichen Behandlungserlaubnis, welche eine Behandlungsmöglichkeit bis zum Ende des 21. Lebensjahres einschließt. Wenn dies im Einzelfall erforderlich ist, können Behandlungen auch über das 21. Lebensjahr fortgesetzt werden.
„Die Bundesbeihilfe-Verordnung ignoriert die besondere Behandlungskompetenz von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen im Transitionsalter zum Erwachsenen“, kritisiert BPtK-Präsident Munz. „Gerade psychisch kranke Heranwachsende müssen die Möglichkeit haben, eine erforderliche Behandlung bei ihrer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in durchzuführen oder fortzusetzen.“