Professionsinterne Diskussion weiterhin notwendig
Der Bedarf nach einer systematischen Abstimmung mit allen professionsinternen Beteiligten, wie Landeskammern, Berufs- und Fachverbänden, und Vertreten der Ausbildungsinstitute und der beiden Berufsgruppen ist dabei auch weiterhin sehr groß. Denn der Beschluss des 25. DPT steckt nur sehr grob den Rahmen einer möglichen Reform ab. (Als Hintergrund: Beschluss_25_DPT_PT-Ausbildung)
Inhaltliche Eckpunkte wie zum Beispiel die Frage was genau ein/e Absolvent/in zum Approbationszeitpunkt alles können sollte, müssen erst noch geklärt werden. Dazu bedarf es weiterhin der regen Diskussion aller Beteiligten. Deshalb wurde im Dezember 2014 das Projekt Transition von der BPtK gestartet, um den Austausch und Abstimmungsprozess zu koordinieren. Als ersten Schritt gab es ein Auftaktgespräch im Februar dieses Jahres im BMG. Weiterhin wurde eine Befragung der professionsinternen Beteiligten zu Fragen der Approbations- und Weiterbildungsordnungen gestartet.
Das BMG plant kompetenzbasierte Ziele eines Approbationsstudiums zu formulieren, aus denen bis Ende des Jahres Eckpunkte für ein Reformgesetz abgeleitet werden können. Es orientiert sich dabei in der Art der Formulierung am Notfallsanitätergesetz (s. § 4 NotSanG[1]), bei welchem bereits in der Zieldefinition ein Kompetenzbezug realisiert worden ist. Sicherlich muss man aber bei einem akademischen Heilberuf noch andere Strukturelemente berücksichtigen als bei anderen Gesundheitsberufen. Es handelt sich bei den kompetenzbasierten Ausbildungszielen also um Festlegungen, was an Fähigkeiten und Fertigkeiten auf welchem Niveau vorhanden sein muss, wenn die Approbation erteilt wird. Indirekt wird so auch festgelegt, was die Weiterbildungsfähigkeit ausmacht. Das BMG wird sich dabei auch auf das Kompetenzprofil für Psychotherapeut/innen der BPtK beziehen. Das Kompetenzprofil beschreibt die notwendigen Kompetenzen jedoch nur allgemein und unterscheidet nicht zwischen solchen, die zum Zeitpunkt der Approbationsprüfung vorhanden sein sollen und jenen, welche am Ende einer Weiterbildung stehen. (Als Hintergrund: Kompetenzprofil)
Vorschläge zu einer solchen Differenzierung wurden in der ersten Befragung im Rahmen des Projekts Transition gemacht. Nun liegt eine erste Diskussionsgrundlage vor.
Es gibt also zahlreiche offene Fragen, zu welchen fachkundige Meinungen benötigt werden. Eine solche Frage lautet ganz konkret: Was muss ein/e Psychotherapeut/in zum Zeitpunkt der Approbation können? Das mögliche Spektrum der inhaltlichen Ausgestaltung reicht dabei beispielsweise von der Fähigkeit, zu diagnostizieren, zu beraten und zu behandeln unter Anleitung, unter Supervision, mit oder ohne Verfahrensbezug, bis hin zu selbständiger Durchführung. Die Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer wird ihre Positionen weiter aktiv in die Diskussion einbringen. Wir halten es für unumgänglich, dass in einem möglichen Direktstudium umfassende wissenschaftliche Grundlagen, sowie eine solide Basis an praktischen Kompetenzen vermittelt werden müssen. Damit zum Zeitpunkt der Approbation beides vorhanden sein kann, scheint es nötig vor einem Staatsexamen einen größeren Block an Praxisanteilen einzuplanen, ohne dass dies jedoch auf Kosten der wissenschaftlichen Ausbildung geht.
Durch die Ausgestaltung einer Approbationsordnung werden indirekt auch Eckpunkte der Weiterbildung festgelegt. Deshalb sollen auch zeitgleich Eckpunkte der Weiterbildung und ihrer Rahmenbedingungen festgelegt werden. Es geht dabei um so grundlegende Fragen, wie die Anzahl an benötigten Weiterbildungsplätzen und die angestrebte Dauer der Weiterbildung. Man muss sich darüber klar werden, wie eine qualitativ hochwertige Weiterbildung strukturiert werden kann und wie sie inhaltlich ausgestaltet werden soll. Wie sollen Gebiete/Teilgebiete oder Bereiche ausgestaltet werden? Wie soll das Verhältnis von theoretischen und praktischen Teilen sein? Und auch hier wird wieder die Position und Expertise aller professionsinternen Beteiligten benötigt.
Die weiteren Schritte des Projekts Transition sind nun zunächst die Diskussion der Ergebnisse der aktuellen Befragung. Eine mögliche Konsentierung der Ausbildungsziele wird bereits für den 27. DPT angestrebt. Weitere Ziele sind das Erreichen einer einheitlichen Zulassungspraxis auf Masterniveuau, sowie die gesetzliche Verankerung von strukturellen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Reform. Es soll auf ein breites Aufgaben- und Versorgungsprofil der Profession hingewirkt werden, die in einer angemessenen Legaldefinition verankert sind. Um diese übergeordneten Ziele diskursiv bearbeiten zu können, wurden Unterarbeitsgruppen zu den Themen Weiterbildung in verschieden Settings, rechtlichen Aspekten und Ausbildungsziele installiert. Sie werden demnächst unter Beteiligung der OPK ihre Arbeit aufnehmen.
Man darf gespannt sein, welche Impulse aus dem BMG zu einer Approbationsordnung und deren kompetenzbasierte Ausbildungsziele kommen werden. Unsere Aufgabe wird es sein, uns auch weiterhin in die Debatte darüber einzumischen, wie eine Novellierung des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) aussehen soll und wie wünschenswerte Entwicklungen und deren Voraussetzungen konkret ausgestaltet werden können.
Rückblick: Diskussion um die Reform der Psychotherapieausbildung
Die Debatte um eine Novellierung des PsychThGs und damit einhergehend einer Reform der Psychotherapieausbildung wurde über viele Jahre kontrovers geführt. Denn das Psychotherapeutengesetz von 1999 war zwar sicherlich auf der einen Seite ein großer Erfolg für den Berufsstand. Eröffnete es doch den PP und KJP die Möglichkeit als eigenständige Heilberufe an der ambulanten Versorgung teilzunehmen.
Jedoch war die 1999 aus einem Kompromiss geborene Lösung auch von Beginn an mit grundlegenden Webfehlern behaftet. Ein solcher Fehler war zum einen die fehlende strukturelle Verankerung der praktischen Tätigkeit, die bis zum heutigen Tage für die bekannten Probleme bei der Finanzierung führt. Zum anderen war das Psychotherapeutengesetz zu eng an den Notwendigkeiten der kassenärztlichen Versorgung ausgerichtet. Insofern kommt sein Erfolg auch überwiegend den ambulant tätigen Kolleginnen und Kollegen zugute. Anders sieht es für die Psychotherapeutinnen in Institutionen aus. Hier besteht noch dringender Bedarf, die Weichen für adäquatere Rahmenbedingungen psychotherapeutischer Tätigkeiten im Krankenhaus, in der Rehabilitation und in der Jugendhilfe zu stellen.
Neben den grundlegenden Webfehlern des Gesetzes machten auch veränderte Rahmenbedingungen der Hochschul- und der Gesundheitslandschaft eine Novellierung des PsychThGs dringend erforderlich. Denn durch die Bologna-Reform waren mit der Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem nicht nur zwei neue akademische Abschlüsse entstanden. Die bisherigen Diplomstudiengänge Psychologie und (Sozial)Pädagogik wurden von inhaltlich sehr unterschiedlichen Bachelor- und Masterstudiengängen abgelöst. Um die hohe Qualität der Psychotherapieausbildung zu sichern und ein Auseinanderdriften der beiden Berufsgruppen zu verhindern war es insofern dringend geboten, die Zugangsvoraussetzung für beide auf das Master-Level (EQR 7) festzulegen. Gleichzeitig votierte die Psychotherapeutenschaft bereits im Jahre 2011 auf dem 16. DPT für das Ein-Berufe-Modell mit einer Approbation und der berufsrechtlichen Befugnis aller Berufsangehörigen, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu behandeln. Die notwendige Spezialisierung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen ist in Bezug auf die Fachkunde vorgesehen.
Etwaige Sorgen, dass dieses Ein-Berufe-Modell zu einer Abwertung der Berufsgruppe der KJP führen werde sind unbegründet. Die beiden Berufe „Psychologischer Psychotherapeut“ und „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut“ sollen zukünftig zu einem Beruf des „Psychotherapeuten“ zusammengeführt werden. Dabei ist geplant, die Zuständigkeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen als Fachgebiete oder Altersschwerpunkte im Rahmen der Fachkunde weiter zu führen. Diese Struktur des Berufes würde den Vorteil mit sich bringen, dass KJP durch eine entsprechende Weiterbildung auch die Zulassung zur Psychotherapie bei Erwachsenen erlangen können (und umgekehrt).
Gesellschaftliche und demographische Entwicklungen, sowie der Fortschritt der evidenzbasierten Medizin machen ein vernetztes und multiprofessionelles Arbeiten der Psychotherapeuten in vielen Versorgungsbereichen nötig. Ihre Expertise wird dabei in verschiedenen Settings und Indikationen benötigt und nachgefragt. Die Rahmenbedingungen des PsychThGs müssen darauf hin überprüft werden, ob sie den Erfordernissen der Möglichkeiten moderner Psychotherapie gerecht werden.
Auf Basis des Kompetenzprofils und des Berufsbildes wurden dann auf dem 25. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) die Eckpunkte für eine umfassende Reform des Psychotherapeutengesetzes beschlossen. (Zum Hintergrund: Berufsbild)
Mit einer Zweidrittelmehrheit forderte der DPT eine Reform der Psychotherapeutenausbildung, die eine Approbation nach einem wissenschaftlichen Hochschulstudium auf Masterniveau anstrebt. In einer anschließenden Weiterbildung soll es möglich sein, Schwerpunkte in der Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen sowie in wissenschaftlich anerkannten Verfahren zu setzen.
Neue Aufgaben für die Kammern
Bei allen Problemen, die zu den Reformbemühungen geführt haben, darf doch nicht vergessen werden, dass die derzeitigen Strukturen eine Ausbildung auf hohem Niveau sicherstellen. Insofern sollte die Sicherung und Fortschreibung dieser hohen Qualität bei allen Aktivitäten oberste Priorität haben. In den weiteren Verhandlungen muss diese Position immer wieder eingebracht werden. Dies ist auch eine der Aufgaben der Kammern. In einem System mit einer Approbation nach einem Hochschulstudium mit anschließender Weiterbildung kann die Profession die Weiterbildungsphase selbst gestalten. Aktuell setzt jede Veränderung des PsychThGs und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ein langwieriges parlamentarisches Verfahren voraus, bei dem die konkurrierenden Interessen anderer mitgehört werden und andere über die Belange der Psychotherapeuten entscheiden. In einer reformierten Ausbildungsstruktur wird die Aufgabe der Ausgestaltung der Weiterbildung den Kammern obliegen.
Die OPK hat deswegen die psychotherapeutische Weiterbildung zu einem ihrer Schwerpunktthemen in der neuen Legislatur erklärt und möchte in einen ergebnisoffenen Austausch über Eckpunkte einer möglichen Weiterbildung treten. Auf landespolitischer Ebene wurden bereits auch erste Gespräche in unserem Gebiet zusammen mit Vertretern der ostdeutschen Hochschulen geführt. Ziel muss bei allen Aktivitäten stets die Umsetzung einer qualitativ hochwertigen Ausbildung sein, die unter Berücksichtigung zukünftiger Versorgungsgesichtspunkte ausgestaltet wird. Um in eine breite und fruchtbare Diskussion eintreten zu können braucht die OPK weiterhin die Expertise Ihrer Mitglieder. Wir werden Sie in den nächsten Wochen und Monaten über alle weiteren Schritte des Projekts Transition informieren und Ihnen die Möglichkeiten zur Rückmeldung geben. Wir möchten Sie herzlich dazu einladen, Ihre Positionen und Anmerkungen in die Diskussion einzubringen. Denn die konkrete Umsetzung einer Reform des PsychThG muss erst noch durch die Profession selbst ausgestaltet werden.
Dr. Andrea Walter
Wissenschaftliche Referentin der OPK