Die wichtigsten Inhalte der Reform
Der Gesetzentwurf beendet den Sonderweg der bisherigen Psychotherapeutenausbildung. Mit einem Studium, das mit dem Master und der Approbation abschließt, und der anschließenden ambulanten und stationären Weiterbildung gelten zukünftig auch für Psychotherapeuten die bei anderen Heilberufen bewährten Strukturen. Durch die Sicherung des Masterniveaus und einheitlicher Ausbildungsinhalte werden die für unseren akademischen Heilberuf notwendigen bundeseinheitlichen Qualifikationsstandards sichergestellt und Probleme der heutigen postgradualen Ausbildung behoben. Denn es werden so auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Psychotherapeuten künftig nach dem Studium und der Approbation in der Weiterbildung ein geregeltes Einkommen erzielen können. Sie sind dann bereits in ihrem Beruf approbiert und können sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Darüber hinaus werden sie auch Kammerangehörige sein. In den formulierten Ausbildungszielen spiegelt sich das Berufsbild adäquat wider. So werden die Weichen nicht nur für die zukünftige Entwicklung unseres Berufsstandes gestellt, sondern damit einhergehend selbstverständlich auch für eine an modernen Standards ausgerichtete Versorgung psychisch kranker Menschen.
Nachbesserungsbedarf besteht bei vier zentralen Themen
Insgesamt sind diese Eckpfeiler sehr zu begrüßen und greifen überwiegend die Forderungen auch der OPK der letzten Jahre auf. Wir haben uns bereits im gesamten politischen Diskussionsprozess mit detaillierten Stellungnahmen an die Politik gewandt. Es ist nun das Wichtigste, das Gesetz bald zu verabschieden und gleichzeitig schnellstmöglich auch eine Approbationsordnung vorzulegen. Denn die Ausgestaltung der Studiengänge und die konkrete Ausarbeitung der Regelungen für die sich anschließende Weiterbildung kann erst dann beginnen, wenn beide Regelungsgrundlagen abschließend vorliegen.
An einigen Stellen des Entwurfes sehen wir auch Nachbesserungsbedarf. Aus unserer Sicht ergeben sich in der Zusammenschau vor allem vier Themen, die überarbeitet werden sollten.
Der Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zum Erlass von Regelungen zur berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung muss gestrichen werden
Wir haben uns erst kürzlich im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes energisch gegen die Einführung festgelegter Steuerungswege im Rahmen einer gestuften Versorgung gewandt. Die OPK vertritt in der einzigartigen Konstruktion einer 5-Länder-Kammer die neuen Bundesländer, die ihrer Struktur nach schon heute besonders durch den demographischen Wandel und die sich verstärkende Kluft zwischen städtischen und ländlichen Gebieten geprägt sind. Deshalb birgt das Vorhaben einer Beauftragung des G-BA, das nun Eingang in diesen Gesetzentwurf gefunden hat, Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung zu treffen, unabsehbare Risiken für die Versorgung psychisch kranker Menschen. Das gilt insbesondere für unser Gebiet.
Die Zuordnung des individuellen Patienten zu Diagnosegruppen und Schweregraden und daraus resultierenden Versorgungspfaden aufgrund statistisch ermittelter Algorithmen wird der Komplexität des Einzelfalles nicht gerecht. Es steht zu befürchten, dass die konkrete Umsetzbarkeit außerdem nicht in allen Teilen Deutschlands sichergestellt werden kann. Angesichts der Komplexität der zu klärenden Fragen und der noch ausstehenden Ergebnisse wissenschaftlicher Evaluationen fordern wir weiterhin nachdrücklich, diesen Auftrag an den G-BA zu streichen.
Ambulante psychotherapeutische Weiterbildung muss in ausreichendem Maße ermöglicht und ihre Finanzierung geregelt werden
Mit der Reform werden die Weichen für eine Weiterbildung in Berufstätigkeit im stationären und ambulanten Bereich im Anschluss an das Studium gestellt. Die Landespsychotherapeutenkammern müssen hierfür die Regelungen in den Weiterbildungsordnungen treffen. Der Gesetzesentwurf lässt erkennen, dass Weiterbildungsinstitute mit entsprechenden Ambulanzen die zentralen Eckpfeiler der ambulanten Weiterbildung darstellen sollen. Zur tatsächlichen Wahrnehmung dieser Aufgabe ist es notwendig, dass die Durchführung der Weiterbildung Kernaufgabe der Weiterbildungsinstitute und ihrer Ambulanzen bleibt. Damit auch in Zukunft die psychotherapeutische Weiterbildung flächendeckend gewährleistet werden kann, dürfen sie nicht in Verbindung mit der Sicherstellung einer ausreichenden psychotherapeutischen Versorgung gebracht werden. Wir sehen hier außerdem auch noch zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Die Kosten für spezifische psychotherapeutische Inhalte der Weiterbildung, wie z. B. Supervision, Selbsterfahrung und Theorievermittlung, sind bisher finanziell nicht ausreichend gedeckt. Dafür ist ein gesetzlich geregelter Zuschuss notwendig, der im Gesetzentwurf geregelt werden muss.
Neue Befugnisse für alle Psychotherapeuten
Gesellschaftliche Herausforderungen und veränderte Bedürfnisse in der Versorgung psychisch kranker Menschen machen eine flexible und kooperative Versorgung notwendig. Dazu ist es notwendig, Psychotherapeuten entsprechend ihrer Kompetenzen erweiterte Befugnisse und Kooperationsmöglichkeiten an die Hand zu geben. Der Gesetzentwurf sieht derzeit vor, den nach neuem Recht Approbierten die Verordnungsbefugnis von Ergotherapie und psychiatrischer Krankenpflege einzuräumen. Wir halten es darüber hinaus für notwendig und fachlich angemessen, dieses auch nach altem Recht Approbierten zu ermöglichen. Dieses Reformvorhaben sollte außerdem unbedingt dazu genutzt werden, dass alle (nach altem und neuem Recht) Approbierte dazu befugt werden, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie Überweisungen zu Hausärzten und Fachärzten auszustellen.
Nach altem Recht Approbierte sollen Möglichkeiten der Überleitung und des Erwerbs von Fachbezeichnungen durch Übergangsregelungen erhalten
Neben dem Schutz der alten Berufsbezeichnung sollte auch die Überleitung der PP und KJP in den Beruf „Psychotherapeut/in“ ermöglicht werden. Für den Erwerb von Kompetenzen für die Psychotherapie mit Erwachsenen sollten für KJP Anpassungslehrgänge geregelt werden. Der erfolgreiche Kompetenzerwerb kann in einer staatlichen Ergänzungsprüfung erfolgen und zur Beantragung der Approbation nach diesem Gesetz berechtigen. PP sowie KJP kann dann in der Folge im Rahmen von Übergangsregelungen im Weiterbildungsrecht die Möglichkeit eingeräumt werden, entsprechende Fachbezeichnungen zu erwerben.
Vor und nach der Reform: Die OPK wird sich einbringen
Wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten mit ausführlichen Stellungnahmen an unsere fünf für Gesundheit und fünf für Kultus zuständigen Ministerien und an unsere Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Bundestages gewandt. In Schreiben und persönlichen Gesprächen haben wir unsere Positionen dargelegt. Der Präsident der OPK, Herr Dr. Gregor Peikert, wandte sich in einem persönlichen Brief darüber hinaus an Herrn Bundesminister Jens Spahn, um auf unsere zentralen Positionen aufmerksam zu machen. Selbstverständlich werden wir auch den weiteren Prozess intensiv begleiten und diskutieren schon heute über die Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben. Das Gesetz wird am 09.05.2019 zum ersten Mal im Bundestag gelesen und eine Woche später im Gesundheitsausschuss beraten. Zur Verabschiedung kann es dann Ende Juni kommen. Derzeit ist geplant, dass es am 01.09.2020 in Kraft treten soll. Das Gesetz ist zustimmungspflichtig im Bundesrat, der im September sein abschließendes Votum dazu abgeben soll.
Mit der Reform werden neue und große Aufgaben auf uns zukommen. Sie entfaltet damit nicht nur eine große Tragweite für die Zukunft unseres Berufsstandes und unseres Nachwuchses, sondern auch für die Arbeit der Kammer. Die für die Weiterbildung zum Fachpsychotherapeuten angemessenen Strukturen und Inhalte zu definieren, fällt in die Regelungskompetenz der einzelnen Landeskammern. Die OPK ist dazu im Projekt Transition der Bundespsychotherapeutenkammer zusammen mit den anderen Landespsychotherapeutenkammern aktiv. Gleichzeitig werden wir diese wichtigen Themen im Vorstand, in unseren Gremien und der Kammerversammlung sowie mit der Expertise aus unserer Mitgliedschaft diskutieren und Konzepte entwickeln.
Wir werden Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
Für Sie zum Nachlesen:
1. Positionspapier der OPK
2. Stellungnahme der OPK
3. Stellungnahme der BPtK zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
4. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform der Psychotherapeutenausbildung