Erfreulich ist zunächst, dass die Psychotherapie nun einen festen Platz in der Systematik akademischer Heilberufe erhält. Zukünftig führt das Studium der Psychotherapie direkt zur Approbation, die die berufsrechtliche Heilerlaubnis darstellt. Damit ist die ordnungspolitische Einheit der Heilberufe in diesem Bereich hergestellt. Die Stellung der Psychotherapie an den Universitäten wird gestärkt. Damit erhalten auch Forschung und wissenschaftliche Weiterentwicklung in unserem Fach neue Chancen.
Praktische Befähigung und sozialrechtliche Anerkennung erhalten die neuen approbierten Psychotherapeuten dann durch ihre berufsbegleitende alters- und verfahrensbezogene Weiterbildung. Die Diskussion um die inhaltliche und formale Ausgestaltung dieser Weiterbildungen ist derzeit in vollem Gang. In diesem zweiten Abschnitt sollen schließlich die Kompetenzen erworben werden, die eine qualitativ hochwertige Heilbehandlung durch die „neuen“ Psychotherapeuten sicherstellen.
Was wurde bereits geregelt?
Das Studium der Psychotherapie ist in zwei Abschnitten, einem polyvalenten Bachelor- und einem Masterstudiengang, zu absolvieren. Die Gesamtdauer beträgt 5 Jahre und 3 Monate. Sowohl der Bachelor- als auch der Masterabschluss sind berufsbildend. Vor Erteilung der Approbation ist eine staatliche Prüfung abzulegen.
Das Studium ist ausschließlich an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen zu absolvieren, was einen Ausschluss der bisher, vor allem an der Ausbildung der KJP, hervorragend mitwirkenden Fachhochschulen bedeutet. Was dies für die Entwicklung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern- und Jugendlichen heißt, bleibt abzuwarten. Die OPK setzte sich während des Prozesses für eine Stärkung der KJPT ein und wird die weitere
Entwicklung kritisch begleiten. Zudem ergibt sich aus dieser Tatsache die Notwendigkeit, dass die Kapazitäten an den Universitäten sowohl quantitativ als auch qualitativ deutlich ausgebaut werden müssen, um dem Anspruch einer Approbation gerecht zu werden, die die Breite des psychotherapeutischen Handelns abbilden soll. Es wird mit einem Bedarf von 2500 Studienabsolventen pro Jahr in Deutschland gerechnet, um die Versorgung unserer Patienten und die Arbeit in weiteren Berufsfeldern von Psychotherapeuten aufrecht zu erhalten. Dieser wurde bisher in einem nicht unerheblichen Maß durch die Fachhochschulen gedeckt. Im Gebiet der OPK rechnen wir mit einem Bedarf von jährlich etwa 500 neuen Approbationen.
Schaffung von drei psychotherapeutischen Heilberufen
Um die Entwicklung unseres Berufsstandes an dieser entscheidenden Stelle tatsächlich mitgestalten zu können, ist die Einbeziehung der Kammern in die Hochschulrahmenplanung und die Akkreditierung der neuen Studiengänge unverzichtbar.
Durch das neue PsychThG wurden die psychotherapeutischen Berufe neu geordnet. Leider gelang es nicht, einen einheitlichen gemeinsamen Beruf (ein wesentliches Ziel des Reformprozesses) zu schaffen. Für die weite Zukunft sind die Weichen in diese Richtung gestellt, was uns angesichts des langen Zeitraums mit Übergangsregelungen bis 2032 jedoch nicht im Geringsten zufrieden macht. Durch die Schaffung von nunmehr drei psychotherapeutischen Heilberufen kommt neben einer hohen Unübersichtlichkeit für Patienten, Mitbehandler und Institutionen auch ein bedeutender Mehraufwand in allen Ordnungsgebieten des Berufsstandes auf uns zu.
Alle Psychotherapie nach diesem Gesetz ausübenden Berufe, dürfen die Bezeichnung „Psychotherapeut/in verwenden. Die alten konkreten Berufsbezeichnungen („Psychologische/r Psychotherapeut/in“ und „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in“) bestehen allerdings fort. Hinzu kommt der Beruf „Psychotherapeut/in“, der sich in der Berufsbezeichnung nur auf die nach dem neuen Gesetz Ausgebildeten bezieht. Diese Unterscheidung führt schon jetzt zu unterschiedlichen Kompetenzzuweisungen und differenzierten Weiterbildungsmöglichkeiten.
Dem Vorhaben, über entsprechende Zusatzqualifikationen eine Erweiterung der berufsrechtlichen Behandlungserlaubnis der KJP über das vollendete 21. Lebensjahr hinaus zu erreichen, wurde ein eindeutiger Riegel vorgeschoben. Die Hoffnungen vieler in der Profession erfüllten sich nicht, die Einschränkungen bleiben bestehen. Erreicht wurde aber, dass die weitere Berufsausübung im bisherigen Umfang gesichert ist.
Das neue PsychThG tritt am 01.09.2020 in Kraft und löst damit das Gesetz aus dem Jahr 1998 ab. Die Regelungen des alten Psychotherapeutengesetzes bleiben im Rahmen von Übergangsbestimmungen bis zum 31.08.2032 bestehen, sodass sowohl laufende Ausbildungen beendet werden können, als auch Absolventen mit einem „alten“ (nach dem neuen Gesetz nicht mehr qualifizierenden) Studienabschluss noch eine Ausbildung nach zu den bisherigen Bedingungen erhalten können. Diese muss bis zum 31.08.2032 abgeschlossen sein. Dringend zu beachten ist, dass Psychologen (Master und Diplom) und alle Absolventen pädagogischer Studiengänge eine Ausbildung zum/r Psychotherapeuten/in nach den Übergangsbestimmungen machen müssen. Nach dem 31.08.2032 muss der neue Master in Psychotherapie vorgelegt werden, um an der anschließenden Weiterbildung teilnehmen zu können.
Ein weiteres zentrales Anliegen des Reformprozesses war die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der aktuellen Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA). Für die praktische Tätigkeit (Psychiatriepraktikum) wurde eine Mindestvergütung von monatlich 1000€ festgelegt, was sicher nicht den erbrachten Leistungen entspricht, aber eine Verbesserung der Situation vieler PiA bedeutet. Sehr bemerkenswert ist vor allem, dass die Berücksichtigung dieser Leistungen in den Kostensatzverhandlungen der Kliniken ausdrücklich hervorgehoben wird.
Im Rahmen der ambulanten Patientenbehandlung wurde eine 40%ige Honorarbeteiligung der PiA benannt. Ob dies zu einer Verbesserung der Situation beiträgt, ist fraglich, da die Beteiligung der PiA auch jetzt schon über Auszahlungen oder Leistungskompensationen umgesetzt wird.
Was muss noch geregelt werden?
Im Oktober wurde ein Referentenentwurf für die Approbationsordnung vorgelegt, nach der die Universitäten Studieninhalte und Prüfungen ausrichten müssen. Das Stellungnahme-verfahren läuft und löste eine intensive Diskussion in der Profession aus.
Die OPK unterstützt die inhaltliche Umsetzung ausdrücklich. Wir sehen aber noch wesentlichen Anpassungsbedarf bei der Berücksichtigung der psychotherapeutischen Verfahren in der hochschulischen Lehre. Für ein fundiertes Verständnis von Psychotherapie müssen Studierende die unterschiedlichen wissenschaftlichen Grundorientierungen kennen lernen, und hierfür braucht es jeweils qualifizierte Lehrkräfte. Der Paragraphenteil der Ordnung enthält bisher viele allgemeine Begriffe, die den im Sozialrecht vorgegebenen Verfahrensbezug unterlaufen. Sie lassen befürchten, dass an vielen Hochschulen nicht die Breite, sondern nur ein schmaler Ausschnitt psychotherapeutischer Ansätze vermittelt wird. Hier geht es nicht zuletzt um die Definition dessen, was Psychotherapie ausmacht und zukünftig ausmachen soll. Die Definitionshoheit von Psychotherapie muss im Berufsstand bleiben und darf nicht durch andere Interessen geleitet werden.
Neben den verschiedenen Verfahren müssen Kompetenzen für die Behandlung aller Altersgruppen vermittelt werden, vor allem auch der Kinder und Jugendlichen. Die OPK wird Universitäten und Wissenschaftsministerien an ihre Verpflichtung erinnern, den Nachwuchs im KJP-Bereich ausreichend zu fördern.
Für die Weiterbildung nach dem Studium ist unter anderem die Finanzierung noch mit vielen Fragezeichen versehen. Die Reform wird nur dann ein Erfolg, wenn sich genügend junge Menschen für den neuen Beruf entscheiden und wenn sie – nach Abzug der Kosten für ihre Weiterbildung – akzeptable Einkommen daraus erzielen können.
Vermutlich müssen wir dafür um weitere Reformen ringen. Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz.
Das Gesetzesblatt des Bundesgesundheitsministeriums zur Reform der Psychotherapeutenausbildung ist gegenwärtig noch nicht veröffentlicht. Sie finden den Link dazu aber in Kürze hier.
Der Vorstand der OPK