Die Krankenhausreform aus psychotherapeutischer SichtKrankenhausstrukturgesetz, Novellierung der Krankenhausgesetze und PEPP

Im internationalen Vergleich hat Deutschland seine Vorreiterrolle bei der Gesundheitsversorgungsqualität eingebüßt und rangiert jetzt bloß noch im Mittelfeld – bei gleichgebliebenen oder gesteigerten Kosten. Somit ist das Ziel einer solchen Reform klar. Eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung soll auch in Zukunft sichergestellt und weiterentwickelt werden und dass, ohne dass es dadurch zu hohen finanziellen Mehrbelastungen kommt. Aus psychotherapeutischer Sicht muss eine gelungene Reform eine regelhafte gesetzliche Verankerung der Berufe der psychologischen Psychotherapeuten (PP) und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) im stationären Bereich erreichen. Dies gilt vor allem für die Festschreibung von Mindeststandards für die Personalausstattung und für die Verankerung der Leitungsfunktion von PP und KJP.

Großer Reformbedarf in den Krankenhäusern

Ein Auslöser der aktuellen Reformbemühungen war unter anderem das Problem des Investitionsstaus in den Krankenhäusern. Ausbau und Investition in die Strukturen von Krankenhäusern obliegen den Ländern. Seit Anfang der 90er Jahre gehen die Investitionen der Länder in die Krankenhäuser jedoch kontinuierlich zurück. Dies machte es nötig, dass notwendige Investitionen aus anderen – medizinischen und psychotherapeutischen- Bereichen quersubventioniert wurden. Seit Einführung des DRG-Systems kam es darüber hinaus zu einem starken Abbau von Personal. Dies betrifft insbesondere den Pflegebereich. Aber auch die Vorgaben der PsychPV zur Personalausstattung wurden regelmäßig unterschritten. Die Erwachsenenpsychiatrie erfüllt sie nur noch zu 90 Prozent, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist der Personalmangel noch größer. Als großes Problem erweist sich weiterhin eine unzureichend verzahnte sektorale und regionale Versorgungsplanung. Qualität im Krankenhaus soll darüber hinaus zum einen messbar und transparenter werden und zum anderen sollen die Krankenhäuser zum qualitätsbewussten Handeln angeregt werden.

Um diese Probleme anzugehen, soll bis Ende des Jahres ein Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (KHSG) verabschiedet werden, das seit Juni diesen Jahres im Kabinettsentwurf vorliegt. Seine beiden großen Themen sind die Sicherung der Betriebskosten der Krankenhäuser und die Weiterentwicklung qualitativer Standards. Das Gesetz wird auch zustimmungspflichtig im Bundesrat sein. Aufgrund der Umsetzungsverpflichtung der Länder werden dann die Landeskrankenhausgesetze novelliert.

Forderungen der OPK

Auf Bundesebene wird sich die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) unter Berücksichtigung der Positionen der Landeskammern dafür einsetzen, verbindliche Mindestanforderungen an die Personalausstattung festzuschreiben, die transparent und überprüfbar sind. Das KHSG bietet dafür die Möglichkeit, diese Forderung gesetzlich zu verankern. Der G-BA hat nun den Auftrag erhalten, solche Personalstandards zu erarbeiten, da die PsychPV 2019 auslaufen wird. Über die Verbindlichkeit solcher Standards besteht jedoch Uneinigkeit. (siehe auch Pressemitteilung der BPtK ). Auch die OPK wird sich in den bereits aufgenommenen Gesprächen auf Landesebene mit Vertreterinnen und Vertretern der Ministerien, der Krankenkassen und der Landeskrankenhausgesellschaften dafür einsetzen, dass die Erfüllung solcher Mindeststandards als Bedingung für den Verbleib im Krankenhausplan festgeschrieben wird. Weiterhin ist die Festlegung von weiteren Qualitätsindikatoren in der Krankenhausplanung wünschenswert. Es muss dabei darauf hingewirkt werden, dass die Indikatoren, die zur Messung von guter Qualität der psychotherapeutischen Versorgung im Krankenhaus herangezogen werden, auch relevant, valide, manipulationssicher und akzeptiert sind. Bei der Entwicklung solcher Indikatoren ist noch viel Arbeit zu leisten.

Eine weitere zentrale Forderung der OPK im Novellierungsprozess ist die Verankerung der Leitungsfunktion für PP und KJP in Organisationseinheiten, die ihr Fachgebiet betreffen. Zum Hintergrund: Pressemitteilung der BPtK , siehe den Punkt „Psychotherapeuten im Krankenhaus“.

In anderen Bundeländern, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, wird diese Regelung bereits erfolgreich praktiziert. Mit Blick auf die Sicherstellung einer hochwertigen und umfassenden Aus- und Weiterbildung der zukünftigen Generation muss außerdem die Bereitstellung von Weiterbildungsplätzen für Ärzte, PP und KJP gefordert werden. Wir werden uns in den kommenden Wochen und Monaten dafür einsetzen, dass die Psychotherapie so in den gesetzlichen Regelungen verankert wird, wie es ihrer großen Bedeutung bei der Behandlung von allen psychischen Erkrankungen zukommt. Die gesetzlichen Grundlagen müssen an die Weiterentwicklungen der letzten Jahre bei der Behandlung von psychisch erkrankten Menschen angepasst werden.

Pepp – oder doch nicht?

Ein weiteres Thema bewegt die Gemüter der stationär tätigen PP und KJP nun schon seit längerer Zeit. Die – immer wieder verschobene –verbindliche Einführung eines neuen Entgeltsystems in Psychiatrie und Psychosomatik, dem PEPP. Mit der Verlängerung der Optionsphase bis 2017 soll die Möglichkeit geschaffen werden, weitere Anpassungen an dem neuen Vergütungssystem vorzunehmen. Außerdem will das Bundesgesundheitsministerium diese Zeit nutzen, um eine grundsätzliche Prüfung von PEPP vorzunehmen. Dieses Moratorium wird nun genutzt, um notwendige Verbesserung an PEPP vorzuschlagen, oder gänzlich neue Vorschläge zu einem Entgeltsystem einzubringen. So hat eine Initiative wissenschaftlicher Fachgesellschaften und Verbände einen Vorschlag eines Budgetsystems auf Basis einer überarbeiteten PsychPV vorgelegt. Dieser Vorschlag stellt im Grunde die Rückkehr zum alten System mit einigen Neuerungen, wie z.B. der Einsetzung einer Expertenkommission oder der Vereinbarung von möglichen Zuschlägen für spezialisierte Zentren, dar. Die BPtK schlägt hingegen eine Kombination eines Budgetsystems (wie von der Initiative der Fachverbände gefordert) und eines Preissystems (wie dem PEPP) vor. Ein solches kombiniertes System könnte sich aus leistungsbezogenen Tagespauschalen, krankenhausindividuell vereinbarten Zuschlägen für hohe Belastungen, die sich beispielsweise aus der regionalen Versorgungsverpflichtung ergeben und bundeseinheitlichen Zuschlägen für die Umsetzung von verbindlichen Personalstandards zusammensetzen. Aus unserer Sicht ist es – unabhängig von der konkreten Ausgestaltung eines möglichen Finanzierungssystem – nun unsere Hauptaufgabe, flankierende, qualitätssichernde Standards zusätzlich zu einem Finanzierungssystem in die politische Diskussion einzubringen. Die wichtige Rolle der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die täglich schwer psychisch kranke Menschen im Krankenhaus leitliniengerecht mit Psychotherapie behandeln, muss dadurch gesichert werden, dass Stellen für PPs und KJPs in ausreichender Anzahl festgeschrieben werden und sie weiterhin die Leitungsfunktion übernehmen können, wie es schon jetzt ihren fachlichen Kompetenzen entspricht.

Dr.  Andrea Walter
Wissenschaftliche Referentin der OPK