6 Monate Terminservicestelleder KV Sachsen - Aufruf an die Psychotherapeuten

Frage: Seit wann gibt es die Terminservicestelle in Sachsen?

Dr. med. Claus Vogel: Seit dem 3. November 2014.

Was genau soll die Terminservicestelle leisten im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes?

Dr. med. Claus Vogel: Wir haben dies nicht im vorauseilenden Gehorsam, sondern aus Gründen der Eigengestaltung einer ohnehin nicht aufzuhaltenden gesetzlichen Regelung ins Leben gerufen. Es ist also nach dem Koalitionsvertrag und den Diskussionen dazu entstanden, weil wir gesehen haben, dass dies sowieso auf uns zukommt. Im Gesetz, das am 1. August in Kraft treten soll, wird stehen, dass am 1. Februar 2016 die Kassenärztlichen Vereinigungen Terminservicestellen einrichten müssen. Wir haben dies nun im Vorfeld getan und auf unsere sächsischen Belange angepasst. Der Hintergrund ist, dass wir mitgestalten und nicht unter Druck geraten wollten. Sie haben es sicher gelesen, der Bundesgesundheitsminister hat die Sachsen dafür sehr gelobt, dass wir dies schon seit Ende 2014 praktizieren.

Sie sind damit bundesweit ein Vorzeigemodell?

Dr. med. Claus Vogel:  Ja, das sind wir.

Sie sagen, Sie haben es den sächsischen Bedürfnissen angepasst. Was heißt das?

Dr. med. Claus Vogel: Das heißt, jeder Bürger, der von seinem Hausarzt eine  qualifizierte Überweisung zum Facharzt erhält, soll innerhalb von vier Wochen beim Facharzt vorstellig werden können. Und wir haben dies sächsisch so entwickelt, dass wir Dringlichkeiten eingeführt haben nach den Kategorien A, B und C zur Überweisungssteuerung. A-Patienten sind so schwer erkrankt, dass sie sofort, innerhalb eines Tages, noch vom Hausarzt an einen Fachkollegen vermittelt werden. Kategorie B-Patienten  sollen innerhalb von vier Wochen vermittelt werden. Der Patient muss zudem Eigenbemühungen nachweisen. Er muss sich selbst bei mindestens drei Fachärzten um einen Termin bemüht haben.
Unter der Kategorie C laufen zum Beispiel Routinekontrollen. Solche also, die nicht sofort vermittelt werden müssen. Wir haben dies auch so in unserer Abrechnungsordnung  verankert,.
Mit den Kategorien haben wir gute Regularien der Vermittlung.
Die vermittelten Fachärzte werden nicht immer wohnortnah sein können. Auch der Wunscharzt und der Wunschtermin werden nicht vermittelt. Dorthin, wo die Terminservicestelle einen Arzt oder Therapeuten findet, wird vermittelt. Und wir vermitteln auch nicht ans Krankenhaus. Das aus gutem Grunde, weil im Versorgungsstärkungsgesetz steht, wenn innerhalb von vier Wochen nicht vermittelt werden kann, müssen Termine im Krankenhaus angeboten werden. Die Leistungen müssten  dann aber aus dem Budget der Vertragsärzte bezahlt werden. Und das wollten wir so nicht. Deshalb haben wir auch die Überweisung an das Krankenhaus explizit ausgenommen.
Unser System läuft bisher sehr unkompliziert und gut. Vom Aufwand her und auch  finanziell hält sich alles im Rahmen. Es gibt bisher keinerlei Probleme.

 

Zu Dr. med. Claus Vogel

KV Sachsen, Dr. Claus Vogel
  • 1945 geboren
  • Facharzt für HNO-Heilkunde
  •  niedergelassen in Leipzig von 1980 bis 2013
  • 1991 – 2013 Gründungsmitglied der KV Sachsen
  • Mitglied der Vertreterversammlung der KV Sachsen
  • 2005 – 2013 Regionalausschussvorsitzender der Bezirksgeschäftsstelle Leipzig
  • 1995 – 2015 Mitglied der Kammerversammlung und Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesärztekammer
  • Seit 1999 Mitglied des Deutschen Ärztetages
  • Seit 2014 Stellv. Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen

 

Wie viele Anfragen gingen bisher ein? Wie stark waren Psychotherapeuten nachgefragt und wie sah die Vermittlung von Terminen diesbezüglich aus?

Dr. med. Claus Vogel: Seit Beginn der Terminvermittlung am 3. November 2014 bis einschließlich 30. April 2015 gab es 1.142 Anrufe mit einem konkreten Wunsch der Terminvermittlung. Von diesen erfüllten 952 die notwendige Voraussetzung in Form der Kennzeichnung der Dringlichkeit „B“ durch den jeweiligen Hausarzt sowie der nachzuweisenden notwendigen Eigenbemühungen von mindestens drei Anrufen in einer entsprechenden Facharztpraxis durch den überwiesenen Patienten selbst. Von den 952 vermittlungsfähigen Anfragen konnten 876 Patienten erfolgreich an Fachärzte und Psychotherapeuten vermittelt werden, davon 626 innerhalb der vier Wochen. Zehn Patienten lehnten den angebotenen Termin ab, 41 zogen ihn nach weiteren Eigenbemühungen zurück.
Die Nachfrage nach den Fachgruppen ist sehr unterschiedlich. Allein 55% davon suchten einen Termin beim Neurologen, beim Psychater, beim Psychotherapeuten oder Augenarzt. Das sind die vier Spitzengruppen in der Nachfrage. Und davon suchten 36% einen Termin beim Psychotherapeuten. (zirka 235 gezielte Nachfragen nach Psychotherapeuten, Anmerkung der Redaktion) Die Psychotherapeuten also auf Platz 2 der Terminnachfrage.
Ursprünglich wollten wir die Psychotherapeuten nicht mitvermitteln, aber es hat sich dann doch ergeben und wird durch die Nachfrage gerechtfertigt.

Warum wollten Sie die Psychotherapeuten erst nicht mitvermitteln?

 Dr. med. Claus Vogel: Weil ursprünglich nur Fachgruppen mit einem Regelleistungsvolumen für die Terminvermittlung vorgesehen waren.

Wie kommen die Kontakte zu den Therapeuten und Fachärzten zustande? Fragen Sie nach, wo es Kapazitäten gibt?

 Dr. med. Claus Vogel: Das läuft sehr unterschiedlich. Wir haben die sächsischen Fachärzte und Psychotherapeuten aufgefordert, uns ggf. freie Termine zu nennen. Und diese gibt es also wirklich – auch bei Psychotherapeuten. Außerdem durch telefonische Kontaktaufnahme und Nachfrage der Mitarbeiterinnen des Service-Telefons bei den Medizinern und Therapeuten. Aber es gibt auch Therapeuten, die uns freie Termine von sich aus melden.
Das wäre auch ein großes Anliegen unsererseits: Wenn Sie freie Termine für ein Erstgespräch anbieten können, melden Sie diese bitte der Terminservicestelle unter Telefon: 0341 / 23 49 37 33. Das kann auch gern formlos geschehen, Hauptsache wir bekommen Kenntnis davon.

Was genau vermitteln Sie: ein Erstgespräch oder bereits einen Therapieplatz?

Dr. med. Claus Vogel: Bei Psychotherapeuten vermitteln wir natürlich nur  ein Erstgespräch. Anders geht es gar nicht.

Kommunizieren Sie das den Patienten auch so im Telefonat, dass es kein Therapieplatz ist, sondern ein Abklären des weiteren Handlungsbedarfs?

Dr. med. Claus Vogel: Nach meinem Kenntnisstand geht es immer um den „Termin“ beim Therapeuten. Dies wird nicht so von den Patienten hinterfragt, was für ein Termin es letztlich ist. Unser Service konzentriert sich auf die Vermittlung eines Erstgespräches.

Was passiert mit dem Patienten, wenn sich im Erstgespräch ein Therapiebedarf herausstellt, der Therapeut aber keinen Therapieplatz anbieten kann? Kommen diese Patienten dann wieder bei Ihnen in der Terminservicestelle an?

Dr. med. Claus Vogel: Nein, diese Konstellation ist bei uns bisher so nicht aufgetreten oder bekanntgeworden. Wir gehen auch davon aus, dass die Psychotherapeuten dies in ihrer Eigenregie weiterleiten, wenn sie den Patienten nicht weiterbetreuen können. Solche Rückmeldungen haben wir bisher nicht erhalten. Es scheint sich auch viel interkollegial zwischen Psychotherapeuten und Ärzten zu klären. Das sehen wir als positive Erscheinung an.

Wie beurteilen Sie die Rolle der Terminservicestellen, eine bedarfsgerechte, flächendeckende und gut erreichbare medizinische Versorgung der Patienten sicherzustellen?

Dr. med. Claus Vogel: Unsere Erfahrungen damit sind durchweg positiv. Das Überweisungssteuerungsprinzip nach A, B, C-Kategorien hat sich bewährt. Die Terminservicestelle vermittelt nur an die B-Patienten. Und die Inanspruchnahme hält sich erstaunlicherweise in Grenzen. Dies hatten wir anders erwartet. Vielleicht hat dieses System auch interkollegial einiges bewirkt, dass dadurch Patienten schneller in die Diagnostik und Versorgung kommen.
Die Terminservicestellen können jedoch keinesfalls grundsätzliche Fragen der medizinischen Versorgung lösen. Insbesondere dann nicht, wenn diese durch die Vorgaben der Bedarfsplanung determiniert werden oder es einfach nur an einer ausreichenden Zahl von Ärzten bzw. Therapeuten regional fehlt.

Lesen Sie einen weiteren Artikel zu der Terminservicestelle der KV Sachsen:Geplante KV-Terminservicestellen sind umstritten