- Es soll vorausgeschickt werden, dass es bis dato keine psychotherapeutische Sprechstunde gibt. Da Psychotherapeutische Praxen als reine Terminpraxen arbeiten, ist das allgemeinärztliche Konzept der Sprechstunde, als des Zeitraums, in dem die Ärztin anwesend ist, zu sprechen ist und behandelt, nicht eins zu eins übertragbar. Dass Sprechstunden in der Psychotherapie neu sind, wird auch daraus deutlich, dass Psychotherapeuten im Rahmen ihrer Richtlinie bis jetzt immer in 50 Minuten Einheiten denken. Um ein sinnvolles Konzept für eine psychotherapeutische Sprechstunde zu entwickeln, ist es nötig, von beiden Ausgestaltungen Abstand zu nehmen.
- Grundlegende Überlegungen
Grundsätzlich ist klarzustellen, dass es sich bei der psychotherapeutischen Sprechstunde um eine Leistung handelt, die nicht mit dem Erstgespräch einer beginnenden psychotherapeutischen Behandlung vermengt werden darf. Die Sprechstunde soll in erster Linie kurzfristig die Frage beantworten, ob eine behandlungsbedürftige Störung vorliegt, um hieraus qualifizierte Empfehlungen zum weiteren Vorgehen abzuleiten. Als Ergebnis der Sprechstunde muss eine kommunizierbare fachliche Einschätzung, sowie eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen erstellt werden.
2. Mögliche Inhalte einer psychotherapeutischen Sprechstunde
Voraussetzung:
- persönlicher Kontakt mit dem Patienten (s. Bspw. Hausärztliche Sprechstunde)
obligatorische Bestandteile:
- Aufklärung (über die in der Sprechstunde erbrachten Leistungen)
- Abklärung des Vorhandensein einer Behandlungsbedürftigen Störung
-Verdachtsdiagnose oder Ausschlussdiagnose
-Feststellung des Schweregrads
- Entscheidung über Behandlungsbedarf
- Empfehlungen zu weiterem Vorgehen:
- standardisierte Form der Mitteilung der Befunde und Empfehlungen
– fakultative Bestandteile nach fachlichem Ermessen, z.B.:
- Einsatz standardisierter psychodiagnostischer Instrumente vor oder im Rahmen der PT-Sprachstunde
- Erhebung von Kriterien der Dringlichkeit und Schwere, wie z.B. Grad der Chronifizierung, Funktionsniveau, weitere Faktoren (Versorgung von Kindern, Bedrohung der Arbeitsfähigkeit, …)
- Einbezug weiterer Befunde und weiterer anamnestische Befunderhebungen
3. Rahmenbedingungen der Durchführung der Sprechstunde
- Bestellsprechstunde, die freiwillig angeboten werden kann
- Verankerung entsprechender Leistungen im Bundesmantelvertrag und im EBM
- sie ist grundlegend vom psychotherapeutischen Gespräch zu unterscheiden
- Zeitumfang und Zeitkontingente
- Zuordnung von maximalen Zeiteinheiten die den obligatorischen und fakultativen Bestandteilen zugeordnet werden
- kumulierte Dauer individuell an den Bedarf des Patienten angepasst
- Frequenz der Einbestellung abhängig vom Bedarf des Patienten (bspw.: besteht die Möglichkeit einen Patienten erneut einzubestellen bei erschwerter Befunderhebung durch beeinträchtigten sprachlichen Ausdruck)
Beispiele für weiterführende Empfehlungen:
- psychotherapeutische Behandlung (nicht zwingend in eigener Praxis): Warteliste, Psychotherapie (inkl. Probatorik), Angebot von neuen Leistungen (Akuttherapie, psychoedukative Gruppe, Leistungen zur Rezidivprophylaxe),
- Beratung über niedrigschwellige Angebote
- Einweisung und Überweisung; Verschreibung von Reha-Maßnahmen oder Soziotherapie
- die Notwendigkeit der Anforderung einer somatischen Abklärung obliegt der eigenverantwortlichen fachlichen Einschätzung
4. Berücksichtigung der Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen:
Grundsätzlich müssen die Besonderheiten bei Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen genauestens mit bedacht und ausgestaltet werden. Die allgemeinen Ziele und obligatorische Bestandteile der Sprechstunde sind jedoch auch im KJP Bereich sinnvoll und durchführbar. Den Besonderheiten muss insbesondere bei der Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden zeitlichen Kontingente Rechnung getragen werden, da es persönliche Kontakte sowohl mit dem betroffenen Kind, als auch seinen Sorgeberechtigten und anderen Bezugspersonen geben muss. Auch eingesetzte Erhebungsmethoden sind oftmals zeitintensiver.