Zum Hintergrund: Für diese Kinder stellt es eine erhebliche Belastung dar, wenn ein Elternteil von einer psychischen Erkrankung betroffen ist. Es kommt zu Schuldgefühlen und der Übernahme von nicht altersgemäßen Rollen und Verantwortlichkeiten. Die psychische Erkrankung der Eltern verhindern dabei oft gleichzeitig, dass diese in der Lage sind oder den Mut finden für ihre Kinder Hilfe zu suchen. Dabei gelten diese Kinder selbst als Hochrisikogruppen für die Ausbildung einer eigenen psychischen Erkrankung. Psychisch erkrankte Kinder haben in mehr als 50% der Fälle mindestens einen Elternteil, der selbst psychisch erkrankt ist.
Dabei gibt es wirksame präventive Angebote, die die ganze Familie in den Fokus nehmen und die das Erkrankungsrisiko für die Kinder senken können. Angemessene Hilfen scheitern jedoch vielmals daran, dass ein abgestimmtes und individuell angepasstes Hilfeangebot für die betroffenen Familien in Kooperation schwierig umzusetzen ist. Die beteiligten Helfersysteme arbeiten weitgehend unabhängig – und damit auch unkoordiniert – für sich alleine. Wer welche Hilfe erhält – oder ob überhaupt – hängt vielmehr als alles andere vom Zufall ab und nicht vom tatsächlichen Bedarf der einzelnen Familie.
Um die derzeitige Versorgungssituation dieser Kinder und ihrer Familien darzustellen, wird Prof. Michael Kölch, Chefarzt der Abteilung der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Vivantes Klinikum in Berlin einen einführenden Vortrag zu „Stolperfallen in der Versorgung von Kindern psychisch kranker Eltern“ halten. Er wird dabei darauf eingehen, wie die voneinander abgegrenzten Säulen der Sozialgesetzbung oftmals verhindern, dass ein koordiniertes und angemessenes Hilfsangebot für die betroffenen Familien zustande kommt. Anschließend wird das Thema auf unserer Podiumsdiskussion weiter diskutieren und vertiefen. Als Moderation konnten wir Frau Dr. Ursula Weidenfeld gewinnen, die uns durch eine lebhafte Diskussion führen wird. Mit uns diskutieren werden die Präsidentin der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, Frau M.A., M.S. Andrea Mrazek, die Vorsitzende des Ausschusses für die besonderen Belange der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Frau Dipl.-Päd. Cornelia Plamann, die Leiterin der Beratungsstelle KIELT in Dresden, Frau Dipl.-Päd. Sigrid Gursinsky und die Leiterin des Projekts „Sunny Side Up“ in Berlin, Frau Dipl.-Psych. Jenny Rötz.
Außerdem wird Frau Dr. Eva Hammerstein, die Leiterin des Chimps Projekts am Uniklinikum Leipzig von ihren Erfahrungen in einem Kooperationsprojekt zwischen Erwachsenen- und Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie berichten. Die Referentinnen können dabei sowohl aus ihrer alltäglichen Berufspraxis mit betroffenen Familien berichten, als auch ihre konkreten Forderungen an die Politik darstellen. Wir wollen dabei auch die ganz konkreten Erfahrungen und Anregungen aus der Praxis mit berücksichtigen, die die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Publikum mit einbringen können und darüber ins Gespräch kommen, welche Änderungen im gesundheitspolitischen System angeregt werden müssen, damit die Gruppe der Kinder psychisch kranker Eltern nicht länger eine vergessene Gruppe bleibt.
Dr. Andrea Walter, Wissenschaftliche Referentin der OPK