Fortbildung in der Gerontopsychotherapie in ChemnitzÄltere Menschen in der psychologischen Behandlung stationär wie ambulant

Steffi_Ziegenbalg
Steffi Ziegenbalg ist Fachstudienberaterin am TUCed–Institut für Weiterbildung.

Frage: Die Technische Universität Chemnitz bietet über deren An-Institut für Transfer und Weiterbildung eine Fortbildung in der Gerontopsychotherapie an.

Steffi Ziegenbalg: Wir bieten im Auftrag der TU Chemnitz bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen und berufsbegleitende Studiengänge an, verwalten und organisieren diese. Der Abschluss erfolgt in der Regel durch die TU Chemnitz. Im Zuge dessen bieten wir eine Fortbildung für Psychotherapeuten in der Gerontopsychotherapie an. Dieses Fortbildungsangebot richtet sich nicht nur an Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, sondern auch an Berufstätige im Bereich Geriatrie und Gerontologie. Das Ziel ist, bestimmte Kompetenzen in der psychologischen Behandlung älterer Menschen in der stationären und der ambulanten Versorgung zu ermöglichen.

Frage: Über welchen Zeitraum geht diese Weiterbildung und welche Inhalte hat sie?

Steffi Ziegenbalg: Bereits im November 2016 starteten wir mit dem ersten Modul der Reihe. Insgesamt erstreckt sich die Fortbildung bis September 2017 und umfasst sieben Veranstaltungen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Die Veranstaltungen finden ca. einmal im Monat statt.

Frage: Die Teilnehmer müssen also nicht alle Module belegen, sondern können sich bestimmte inhaltliche Schwerpunkte heraussuchen?

Steffi Ziegenbalg: Man kann sich für jede Veranstaltung, jedes Modul einzeln bei uns anmelden. Die Veranstaltungen finden immer freitags und samstags ganztägig statt.

Frage Welche Module sind bereits gelaufen und was erwartet Interessierte noch?

Steffi Ziegenbalg: Die Auftaktveranstaltung fand wie gesagt im November vergangenen Jahres statt. Am 13. und 14. Januar beschäftigte sich die Veranstaltung mit Diagnostik im Alter. Im Februar widmen wir uns dem Thema ‚Demenzen und den speziellen Formen der Psychotherapie‘, die damit verbunden sind. Im März wird Frau Dr. Rita Bauer die Adjuvante Therapie und Palliativangebote vorstellen und auf Besonderheiten der Behandlung eingehen. Der April steht unter dem Thema ‚Sucht und Persönlichkeitsstörungen im Alter‘ und wir gehen später auf ‚Depression, Suizidalität und spezielle Formen der Psychotherapie‘ dazu ein, bevor dann ‚Angst somatoforme Störungen, PTBS, Trauer und Anpassungsstörungen‘ den Abschluss im September bilden. Wir bieten also ein breites Spektrum an Themenschwerpunkten. Es werden nicht nur die theoretischen Grundlagen der alterstypischen Störungen, sondern auch die verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen aufgezeigt und daran angelehnt spezielle Formen der Psychotherapie vorgestellt. Gemeinsam mit den Teilnehmern werden diese beispielsweise im Rollenspiel erprobt. Die Fortbildung lebt davon, die Berufserfahrungen der Teilnehmer einzubinden und durch neuste wissenschaftliche Erkenntnisse, durch konkrete Fallbesprechungen und praktische Übungen zu ergänzen.

Frage: Was hat Sie bewogen, eine solche Weiterbildung anzustoßen? Ist dies ein großer Arbeitsbereich der Zukunft?

Steffi Ziegenbalg: Auf jeden Fall. Die Altersverteilung wird sich in den nächsten Jahren drastisch verändern. Der Anteil der Menschen über 65 Jahren wird sich bis zum Jahr 2050 von heute 17 Prozent auf 35 Prozent verdoppeln. Das bedeutet einfach, dass es ganz neue Herausforderungen für das Gesundheitssystem geben wird. Da spielen höhere Komorbiditätsraten eine Rolle, chronische Krankheiten werden zunehmen. Psychische Störungen im Alter können aber auch besser erforscht werden. Dazu müssen adäquate Behandlungsstrategien entwickelt werden. In der Klinischen Gerontopsychotherapie fehlt es derzeit an guten Fortbildungsmaßnahmen. Dem wollten wir uns annähern und haben für die Weiterbildung verschiedene Experten aus der Praxis gewinnen können, die dieses Forschungsfeld ebenfalls für sich erkannt haben. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf in der Aus- und Weiterbildung.

Frage: Statistisch gesehen stehen ältere Menschen der Psychotherapie nicht aufgeschlossener gegenüber und nehmen diese auch weniger für sich in Anspruch. Mit welcher Patientengruppe bekommen es Psychotherapeuten in Zukunft vielleicht stärker zu tun und vor welchen Herausforderungen werden sie damit gestellt?

Steffi Ziegenbalg: Dieses Klientel braucht eine andere Ansprache in der Psychotherapie. Das beginnt beim Beziehungsaufbau und setzt sich in der Planung der Therapie fort. Ebenso sind Behandlungskonzepte an diese Bedürfnisse anzupassen: Es scheint insgesamt mehr um Lebenssinn, um Fragen der Rückschau auf gelebtes Leben und Bilanzierungen zu gehen. Das erfordert vom Psychotherapeuten noch einmal ein ganz anderes Eingehen. Gleichzeitig begegnen Psychologen und Psychotherapeuten in der Klinik viel höheren Komorbiditätsraten, weil ältere Menschen auch auf somatischer Ebene mehr Funktionsbeeinträchtigungen mitbringen. Spezielle diagnostische Verfahren, die in unserer Fortbildung behandelt werden, gilt es zu erlernen. Es ist eine Patientengruppe, die sich nicht so stark in den Störungsbildern unterscheidet, jedoch in den Ausprägungen und der Kommunikation darüber.

Frage: Können Sie die Notwendigkeit neuer Behandlungsformen erkennen, wie zum Beispiel eine aufsuchende Therapieform?

Dies ist eine sehr schwierige Frage, die nicht pauschal beantwortet werden kann. Derzeit werden in der Forschung verschiedene Zugänge erforscht. Was sich bisher gezeigt hat, ist, dass gerade die ältere Bevölkerung noch wenig über Psychotherapie und das, was sie leisten kann, aufgeklärt ist. Gerade hier sehe ich eine große Chance, auch um der mit psychischen Störungen einhergehende Stigmatisierung entgegen zu wirken. Ob eine aufsuchende Psychotherapie nützlich sein kann und in wie weit diese auch in unserem derzeitigen Gesundheitssystem umsetzbar sein wird, bleibt abzuwarten.

Alle Informationen zum Herunterladen:

Flyer-KGPverhalt-2017

Kurs Klinische Gerontopsychotherapie_Inhalte

Terminplan_Fortbildung KGP 2017